© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

Aufgeschnappt
Entsorgte Exponate
Matthias Bäkermann

Die Geschichten sind legendär: Die Frauen des SPD-Ortsverein Leverkusen brauchten im heißen Sommer 1976 ein Behältnis zum Bierkühlen und säuberten eine Kinderbadewanne aus dem Museumsdepot von Heftpflastern, Fett und Mull. Leider zerstörten sie damit ein Kunstwerk von Joseph Beuys, der 40.000 Mark Schadensersatz bekam. Die gleiche Schadenssumme verursachte die Putzfrau, die im Todesjahr 1986 des Künstlers den fünf Pfund Butter in einer Zimmerecke mit Putzmittel zu Leibe rückte und damit "Die Fettecke" zerstörte.

Nun hat es Wolfgang Kastner erwischt, der 2006 noch mit der öffentlichkeitsheischenden Beschädigung einer Schlageter-Gedenksäule in Landsberg antifaschistischen Kunstsinn beweisen wollte (JF 29/07). Teil seiner Ausstellung "KunstEingriffe" im Kulturzentrum BIS - Altes Museum in Mönchengladbach sind laut Angabe der Stadt "entsorgt" worden. Kastner hatte 2006 knapp einhundert Koffer weiß angemalt und mit Schriftzügen versehen und wollte mit dieser Installation an die Deportation und Ermordung Mönchengladbacher Juden während der NS-Zeit erinnern. Nach der Ausstellung wurden die Exponate im Keller gelagert und irgendwann der Müllabfuhr überantwortet. "Die Koffer wurden von mir künstlerisch bearbeitet", sind deshalb "selbstverständlich Unikate", sagte Kastner vergangenen Samstag der Rheinischen Post. Er verlangt deshalb 25.000 Euro Entschädigung. Am Niederrhein möchte man nicht zahlen, die Forderung sei "dem Grunde nach und in der Höhe unberechtigt", teilte die Stadt Mönchengladbach mit. Demnächst trifft man sich vor Gericht.

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