© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/08 07. März 2008

"Maßgeblich an Gewalttätigkeiten beteiligt"
Parteiengeschichte: In einer Broschüre aus dem Jahr 1987 warnt die CDU die Sozialdemokraten eindringlich vor Koalitionen mit den Grünen
Peter Freitag

Angesichts der Debatte über Schwarz-Grün lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit, in der die Wertschätzung der Christdemokraten gegenüber den Grünen nicht gerade hoch war.

Vor gut zwanzig Jahren, 1987, brachte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine knapp fünfzig Seiten umfassende Broschüre unter dem Titel "Grüne und Gewalt" heraus.

Die Vorwürfe, die darin erhoben wurden, waren über Jahre programmatisches Allgemeingut innerhalb der Unionsparteien: Die Grünen, so heißt es im Text, lehnten "Gewalt nicht konsequent ab", sondern sähen sie "von Fall zu Fall als ein legitimes Mittel" an. Sie befürworteten Gesetzesverstöße, nähmen ein falsch interpretiertes "Widerstandsrecht" gegen rechtsstaatliche Institutionen in Anspruch und begegneten "manchem Terroristen mit Sympathie", kurz sie seien ein Risiko für die innere Sicherheit des Staates, den einige ihrer Protagonisten ohnehin ablehnten.

Akribisch werden in den verschiedenen Kapiteln Aussagen (und Taten) grüner Politiker aufgelistet, die einem bürgerlichen Politik- und Rechtsverständnis zuwiderlaufen. Etwa wenn "begrenzte Sachbeschädigungen" hingenommen werden oder der damalige baden-württembergische Landtagsabgeordnete (und heutige Fraktionsvorsitzende im Bundestag) Fritz Kuhn offen bekennt: "Wir müssen uns wehren, wir müssen diese Gesetze verletzen."

 Ein besonderes Schmankerl bot den Autoren der Studie der hessische Grüne Joschka Fischer, dessen 1978 in einem Beitrag für das linksalternative Magazin Pflasterstrand abgelegtes Bekenntnis genüßlich zitiert wurde: "Wir wollen doch nicht ... ins Parlament, um dort konstruktiv ... parlamentarische Arbeit für unsere Wähler zu leisten, sondern diese Herrschaftsinstitution mit ihren eigenen Mitteln ad absurdum führen, also subversiv sein." Dieser Aussage stellte die CDU-Fraktion damals eine Passage aus der Feder Joseph Goebbels' von 1928 gegenüber: "Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen."

Wie eine Ironie der Geschichte erscheint es, daß ausgerechnet in der norddeutschen Hansestadt die schwarz-grünen Planspiele erstmals auf Landesebene konkreter werden. Denn gerade hier hatte mit der Grün-Alternativen Liste (GAL) über Jahre ein besonders radikaler Flügel der Partei dominiert. Die Union verwies in ihrer "Aufklärungsschrift" daher auch auf die Verbindungen der GAL zu gewaltbereiten Atomkraftgegnern und der Hausbesetzer-Szene in der Hafenstraße. Politischer Kronzeuge für ihre Einschätzung, "daß die Grünen in Hamburg maßgeblich an Gewalttätigkeiten und Krawallen ... beteiligt sind", ist der 1986 amtierende Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD), den die CDU-Fraktion wie folgt zitierte: "Wo die GAL in der Stadt auftritt, ist auch schnell Gewalt, und wo Gewalt ist, ist auch schnell die GAL."

Für die Christdemokraten des Jahres 1986 waren die Grünen eine "linkssozialistische Kaderpartei". Eine Verwirklichung ihres Parteiprogramms, so heißt es im Vorwort des CDU-Heftes, würde die Deutschen "aus der Gemeinschaft des freien Westens heraustreiben".

Resümierend stellen die Autoren daher fest, es sei "ein politischer Skandal", daß die Sozialdemokraten immer stärker ins "Fahrwasser der Grünen" gerieten und "eine Koalition mit den Grünen ... als erstrebenswert" ansähen.

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