© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/08 29. Februar 2008

Duftende Handgranaten in Klein-Moskau
Parteitag: Im hessischen Walldorf-Mörfelden feiert die DKP ihre niedersächsische Landtagsabgeordnete Christel Wegner und fordert die Enteignung Nokias
Tobias Westphal

Der 18. Parteitag der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) am vergangenen Wochenende stand unter ganz besonderer Beobachtung. Dazu beigetragen hatte nicht zuletzt die frischgewählte niedersächsische DKP-Landtagsabgeordnete Christel Wegner mit ihren wohlwollenden Äußerungen zur Berliner Mauer und zur Stasi.

Zudem konnte die Partei gleich mehrere Jubiläen feiern. Die circa 170 Delegierten wurden deshalb auch von einem großen Plakat begrüßt: "90 Jahre KPD -  40 Jahre DKP" sowie dem Motto des Parteitags "DKP in Bewegung - DKP für Sozialismus".

Als Tagungsort wählte man Walldorf-Mörfelden, einen für die DKP symbolträchtigen Ort. In Mörfelden hatte die kommunistische Arbeiterbewegung stets eine feste Basis. Auch heute noch sitzt die DKP in der Stadtverordnetenversammlung des hessischen "Klein-Moskau". Bei der Kommunalwahl 2006 erhielt die Partei zusammen mit der Linken Liste 11,6 Prozent der Wählerstimmen.

Der Saal des Bürgerhauses in Walldorf-Mörfelden war geschmückt mit Plakaten von Marx, Engels, Rosa Luxemburg und Che Guevara. Die Delegierten und Mitglieder der DKP präsentierten sich als bieder gekleidete Frauen und Männer und vermittelten die Atmosphäre eines Gewerkschaftertreffens.

Zu Beginn des Parteitages richtete sogleich die Delegierte Christel Wegner das Wort an die Genossinnen und Genossen. Gegenüber den Anwesenden gestand sie ein, einen Fehler begangen habe. Offen ließ sie jedoch, worin ihr Fehler bestand. Sie beklagte, daß es eine "antikommunistische Kampagne" der Medien und der etablierten Parteien gegen sie gebe. Sie werde jedoch trotz der Anfeindungen ihr Landtagsmandat behalten und sei offen für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Die Delegierten feierten Wegner mit langanhaltendem Applaus.

Vom Vorsitzenden der DKP, Heinz Stehr, erhielt sie als "erste Landtagsabgeordnete aus unserer Partei" eine sogenannte "Extra-Begrüßung". Der DKP-Vorsitzende sagte ihr alle Unterstützung zu, der Skandal sei vom TV-Magazin "Panorama" produziert worden, gemeinsam müsse man "daran arbeiten, politischer auf der Grundlage des Programmes zu argumentieren". Der Beitrag habe gezeigt, daß damit "Anti-Kommunismus geschürt" werden solle. Und somit folgert er, "wir müssen lernen, den Umgang mit den Medien so zu führen, daß DKP-Positionen unverfälscht in die Öffentlichkeit kommen".

Auch neben den Reden und Diskussionen im Konferenzsaal gab es einiges zu entdecken. Im Vorraum konnte im Café Che kubanischer Kaffee und Eau de Toilette in einem Flacon in Form einer Handgranate erworben werden. Am Solidaritätsbasar "Nicaragua braucht unsere Hilfe" konnte man seine Solidarität durch den Kauf nicaraguanischen Rums beweisen. Am Neue Impulse Verlag wurden russische Klassiker auf DVD, kommunistische Lieder auf CD und zahlreiche Bücher zu den Themen Geschichte, Jugendgewalt, Faschismus, Che Guevara, Krieg und Kriegslügen angeboten. Bemerkenswert war das Kinderbuch "Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm", welches zu Erziehungszwecken wohl für die ganze Familie geschrieben wurde. An einem anderen Stand gab es Devotionalien wie Anstecker mit DDR-Fahne und Spanienkämpfer-Abzeichen.

Der von den Delegierten in seinem Amt bestätigte DKP-Vorsitzende Heinz Stehr ging unterdessen in seiner Rede auf Nokia, die Kriegspolitik, den Klassenkampf, auf die Gewerkschaften, die Mindestlohnforderung der SPD und den angeblichen Linksruck der Gesellschaft ein. Nokia müsse enteignet werden, und den Linksruck gebe es überhaupt nicht: "Der in Medien behauptete 'Linksruck' in der politischen Landschaft der Bundesrepublik Deutschland hat offensichtlich vor allem das Ziel, propagandistisch zu wirken, um die Rechtsentwicklung schneller voranzutreiben. Darüber hinaus werden gerade von der SPD nicht wenige 'Nebelkerzen' geworfen, um den neoliberalen Charakter der tatsächlichen Politik zu verschleiern."

Stehr hob hervor, daß man mit den Genossinnen und Genossen der Linkspartei zukünftig weiter zusammenarbeiten wolle. Am Ende seiner Rede bat er den anwesenden kubanischen Botschafter, die besten Grüße und Genesungswünsche an Fidel Castro zu übermitteln. Spontan unterstrichen wurden die Genesungswünsche durch die anwesenden Delegierten und Gäste mit stehenden Ovationen und rhythmischem Klatschen.

Man wird sehen, ob die DKP ihren Mitgliederschwund stoppen und ihre Finanzierungsprobleme zukünftig lösen kann. Vor allem die Jugend war während des Parteitages deutlich in der Minderzahl. Nur an einem kleinen Stand der Sozialistischen Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) wurde um den Nachwuchs geworben: mit Flugblättern und einer "Roten Schulhof-CD" mit dem Titel "Gemeinsam gegen Rechts" mit achtzehn Liedern.

Zum Mittagessen gab es im Foyer für die Genossen ein gemeinsames Büfett. Da man sich von allen Seiten anstellen konnte, ging es anfangs etwas chaotisch zu. Erst als man sich an seine Grundprinzipien erinnerte, wurde die Losung "linksherum" ausgegeben und es konnte solidarisch von allen Genossen das Mittagessen eingenommen werden.

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