© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/08 29. Februar 2008

Beschimpft, bedroht, verletzt
Wahlkampf: Zahlreiche Angriffe auf Kandidaten rechter Parteien / Bis zu 70 Prozent der Wahlplakate zerstört
Christian Rudolf

Die Landtagswahlkämpfe in Hamburg, Hessen und Niedersachsen sind vorüber. Die Wahlzettel ausgezählt, die Tribünen abgebaut, die Plakataufsteller im Materiallager, die Werbebroschüren im Altpapier. Der offenbar gewordene Schaden am demokratischen Gemeinwesen bleibt: Um die Chancengleichheit für alle politischen Parteien, auch um das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition - grundlegende Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - ist es schlecht bestellt. Auch nach der x-ten Zeitungsmeldung über Angriffe auf Mitbewerber um die Mandate mag man sich nicht damit abfinden - wenn sie denn überhaupt gemeldet werden.

Glimpflich geht es ab, wenn die Gewalt sich nur gegen Sachen richtet. Während des Bürgerschaftswahlkampfes in Hamburg wurden über 4.100 Plakat-Stellschilder zerstört, darunter 2.600 der DVU. Gut eine Woche vor der Wahl sind die Wohnungen mehrerer DVU-Kandidaten das Ziel von Angriffen, darunter die des Spitzenkandidaten Günther Schlemmer sowie dessen Stellvertreters Oswald Dannenberg. Wie eine Sprecherin der Polizei Hamburg gegenüber der JUNGEN FREIHEIT bestätigte, warfen unbekannte Täter bei einer Wohnung ein Fenster mit Steinen ein, die Fassaden zweier Häuser wurden mit Farbe beschmiert. An zwei weiteren Gebäuden wurden mittels einer Schablone Aufschriften angebracht, die darauf hinweisen, daß dort DVU-Kandidaten wohnen. Die Polizei geht von einem politischen Hintergrund aus und vermutet die Täter im linksextremen Milieu.

Der Spitzenkandidat der DVU in Hamburg, Matthias Faust, sagte gegenüber der JF, er sehe die Tat als Reaktion auf die Wahlveranstaltung der DVU im Congress Centrum Hamburg einen Tag zuvor. Diese konnte erst nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg stattfinden und wurde begleitet von Störungen und einer vielhundertköpfigen Gegenveranstaltung auf der Straße, organisiert vom Hamburger DKP-Landeschef Olaf Harms.

Nicht anders erging es der NPD im niedersächsischen Wahlkampf. Nach Angaben des Spitzenkandidaten Andreas Molau konnte die Partei keine öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen abhalten, ihre Plakataufsteller wurden flächendeckend zerstört. An keinem Infostand der NPD konnten interessierte Bürger in Ruhe mit den Kandidaten ins Gespräch kommen - stets waren gewaltbereite Linksextremisten mit spontanen Klein-Demonstrationen zur Stelle und überzogen die Szene mit Tumult.

Am 10. Januar ging eine Kundgebung mit dem NPD-Landeschef Marcel Wöll in Kassel in einem Pfeifkonzert der Gegendemonstranten unter, die Partei baute den Stand entnervt wieder ab. Am 19. Januar bedrängten Linksextremisten in Celle einen Werbestand der NPD, fotografierten die anwesenden Funktionäre und Helfer und stellten die Bilder mit Namen ins Internet. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Das gleiche Bild zeigte sich auch im hessischen Wahlkampf. Kundgebungen der Republikaner mußten von der Polizei geschützt werden, deren Infostände wurden verwüstet, Kandidaten tätlich angegriffen. Der Landesvorsitzende von Rheinland-Pfalz, Stephan Stritter, sprach gegenüber der JUNGEN FREIHEIT von "erstaunlichen Gewaltausbrüchen", denen seine Partei im Wahlkampf ausgesetzt gewesen sei; örtlich fielen bis zu siebzig Prozent der Wahlplakate durch Beschädigung und Diebstahl aus. Nach dem Abbau eines Infostandes in Wiesbaden am 20. Oktober 2007 schlugen und traten Gewalttäter so unvermittelt wie brutal auf Mitglieder der Republikaner ein - darunter zwei Frauen -, als diese in einem Parkhaus die Tapeziertische im Auto verstauen. Mit einer Eisenstange wurde der rheinland-pfälzische Landesgeschäftsführer Gerald Rehm gefährlich am Kopf verletzt und mußte in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Die Täter konnten fliehen.

Der Stadtverordnete der Partei im Frankfurter Römer, Michael Langer, wurde Ende 2007 in der U-Bahn erkannt und verfolgt. Der Täter versetzten Langer vor einem Hauseingang einen Hieb mit einem Teleskopschlagstock und traten die Haustür ein. "Du Scheiß-Nazi", wurde er angebrüllt. Der Staatsschutz ermittelt gegen Unbekannt. Das Verfahren ist inzwischen eingestellt.

"Die Antifa ist wieder aktiver und brutaler geworden als in den Vorjahren", sagte Langer zur JF. Seine Parteifreundin Rosemarie Lämmer, Kreisvorsitzende in Frankfurt, hat zweimal erlebt, wie Infostände in der Frankfurter Innenstadt von Unbekannten "zerlegt" wurden, im November sowie am 25. Januar. "Es geht blitzschnell, die tauchen aus dem Nichts auf und sind genauso schnell wieder verschwunden", sagte Lämmer gegenüber der JF. In Darmstadt habe es Angriffe auf Kollegen gegeben, als die den Stand abends abbauen.

Die Wahlkampf-Schlußkundgebung am 20. Januar vor dem Frankfurter Römer konnte nur durch starkes Polizeiaufgebot garantiert werden. Die Gegenveranstaltung wurde unter anderen von DKP und Antifa organisiert, die evangelische Kirche ließ zweimal die Glocken läuten. "Linksextremisten bedrohen die Demokratie, weil sie auf Gewalt und das vermeintliche Recht des Stärkeren setzen. An solchen Leuten ist auch die Weimarer Republik zugrunde gegangen", kommentierte Lämmer.

Foto: Zerrissenes Wahlplakat der Republikaner in Wiesbaden: Mit der Eisenstange zugeschlagen

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