© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/08 15. Februar 2008

Daniel Hannan spricht von "Ermächtigungsgesetz" und fliegt aus der EVP-Fraktion
Der Cato von Straßburg
Michael Paulwitz

Prinzipientreue Politiker nerven das Establishment. Besonders wenn sie keine Gelegenheit auslassen, um intellektuell und rhetorisch geschliffen ihre Sache zu vertreten. Cato der Ältere war so einer. Mit seinem sprichwörtlichen "Ceterum censeo" soll der römische Senator nach jeder Rede den dritten punischen Krieg zur Abstimmung gestellt haben: "Im übrigen bin ich der Meinung, daß Karthago zerstört werden muß!"

Der Cato der britischen Konservativen heißt Daniel Hannan, seit 1999 Tory-Europaabgeordneter. Sein "Ceterum censeo": der Vertrag von Lissabon. Dieser Wiedergänger der in zwei Plebisziten gescheiterten EU-Verfassung müsse den Nationen - besonders der britischen - zur Abstimmung vorgelegt werden!

Das forderte Hannan zuletzt in persönlichen Erklärungen zu jeder Abstimmung und ging damit seinen Fraktionskollegen in der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die CDU/CSU-Parlamentarier in Straßburg gehören, ziemlich auf die Nerven. Mit einem Verfahrens­trick schloß Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) die bescheidene Hintertür in der Geschäftsordnung. Hannan fühlte sich an das "Ermächtigungsgesetz der Nazis" erinnert - und flog für den Vergleich prompt aus der Fraktion.

Einen wie Daniel Han­nan beeindruckt das kaum. Das Schwimmen gegen den Strom hat der vor 36 Jahren in Lima geborene Oxford-Absolvent und Neuhistoriker schon als Gründer der "Kampagne für ein unabhängiges Großbritannien" eingeübt. Seit 1996 Star-Leitartikler des Daily Telegraph, einer der führenden britischen Tageszeitungen, streitet Hannan als Buchautor, Blogger und Kolumnist gegen den Wohlstandsvernichter Euro und gegen die Arroganz, Korruption und Geldverschwendung des EU-Apparats. Sein Blog (blogs.telegraph.co.uk/politics/danielhannan/) ist seine virtuelle Visitenkarte und Pflichtlektüre nicht nur für Euroskeptiker. Regelmäßig schreibt Hannan für die Weltwoche, den Spectator und das Wall Street Journal - seine Kolumne in der Welt wurde im Juni 2006 gewiß nicht wegen Lesermangels eingestellt.

In einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT rechnete Hannan im vergangenen Sommer (JF 27/07) mit der "antidemokratischen EU" ab, in der zu Hause abgewählte Politiker von Brüssel aus einfach weiterregierten und das Volk für zu dumm hielten, ihr segensreiches Wirken zu verstehen. Demokratie sei vom Nationalstaat nicht zu trennen, argumentiert Hannan und plädiert gut britisch für eine "Repatriierung" der finanziellen Hoheit an die nationalen Regierungen. Die Europäische Union als Freihandelszone ist Hannans Vision; seine Hoffnung ist, daß Deutschland wieder ein normales Land mit normalem Patriotismus wird, das nicht aus purer Höflichkeit seine demokratischen Rechte aufgibt.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus, lernt Hannan von Cato dem Älteren. Der ist zwar nie aus dem Senat geflogen. Aber Karthago wurde am Ende doch zerstört.

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