© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/08 01. Februar 2008

Frisch gepresst

Marienburg. 1817, zwei Jahre nach dem Ende der Befreiungskriege, begann in Westpreußen der Wiederaufbau der arg verfallenen Marienburg, des "riesenartigen Monuments" (Goethe). Um 1900, unter der Leitung des energischen Altmärkers Conrad Steinbrecht (1849-1923), waren die Restaurierungsarbeiten am Hochschloß zwar noch lange nicht abgeschlossen, aber das von ihm zum "Volksheiligtum" ausgestaltete "Haupthaus" des Deutschen Ordens am Nogat-Ufer zog bereits Touristenscharen an. Die waren mit den schmalen "Führern" des Graudenzer Journalisten Paul Fischer oder des Danziger Pastors Wilhelm Schwandt bewaffnet. Insoweit kam das eine Mischung aus viel Ordensgeschichte und wenig Denkmal-Führer bietende Buch des auf "vaterländische Jugenderzählungen" spezialisierten Erfolgsschriftstellers Julius Pederzani-Weber, obwohl 1890 in seiner dritten Auflage mit Mühe auf Besucherbedürfnisse zugeschnitten, zu früh auf den Markt und wurde dann von Fischer und Schwandt verdrängt. Antiquarisch entsprechend selten ist die Originalausgabe, so daß nun ein Nachdruck auf Käufer hofft, die an Pederzani-Webers flotter Präsentation der Ordensgeschichte studieren wollen, wie vor gut hundert Jahren der "Weg in die ältere Vergangenheit" des Mittelalters geöffnet wurde und warum sich solche Interpretationen aber mitunter bis heute einem "Sperrwerk" gleich (Hartmut Boockmann) davorlegen (Die Marienburg. Eine Kulturstätte im Osten. Melchior Verlag, Wolfenbüttel 2007, 132 Seiten, Abbildungen, 14,95 Euro).

Südwesten. In kaum einem Bundesland in Deutschland herrschen solch stark ausgeprägte lokalpatriotische Ressentiments zwischen den einzelnen Bevölkerungsteilen wie in Baden-Württemberg. "Gelbfüßler" (Badner) und "Sauschwaben" (Württemberger) stehen sich dabei nicht nur beim Fußball argwöhnisch bis feindlich gegenüber. Und das, obwohl beide seit 1952 zumindest verwaltungstechnisch ein gemeinsames Bundesland bilden. Die dem Kommunalwissenschaftler und Tübinger Politikprofessor Hans-Georg Wehling zum Siebzigsten gewidmete Aufsatzsammlung versammelt Beiträge, unter anderem von Dieter Langewiesche und Peter Steinbach, über Baden und Württemberg zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert, dortige Herrschafts- und Regierungssysteme, parteipolitische Sonderformen und konfessionell bedingte historische Identitäten. Wehling, dem Schöpfer der seit 1975 bei der Stuttgarter Landeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württemberg, wird damit eine adäquate Würdigung zuteil (Der deutsche Südwesten. Regionale Traditionen und historische Identitäten. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2007, broschiert, 248 Seiten, 25 Euro).

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