© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/08 01. Februar 2008

Kolumne
Potenziertes Risiko
Bruno Bandulet

Am 7. Dezember wurde in dieser Kolumne die Meinung vertreten, daß die von den USA ausgehende Finanzkrise die gefährlichste seit den 1930er Jahren sei, daß eine Rezession in Amerika kaum noch vermieden werden könne und daß der deutsche Steuerzahler die Rechnung mitbezahlen müsse. Inzwischen haben führende US-Banken Geldspritzen aus den Golfstaaten und Singapur benötigt, sind die Aktienbörsen weltweit eingebrochen, hat die Rezession in den USA offenbar schon begonnen und erhöhten sich die Verluste der halbstaatlichen Banken in Deutschland.

Natürlich ist dies alles typisch für die Endphase eines langfristigen Kreditzyklus. Nach zwei Jahrzehnten einer von der amerikanischen Notenbank ermöglichten Kreditexpansion hatte die amerikanische Gesamtverschuldung (bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt) die von 1929 übertroffen, war so nicht mehr steigerungsfähig und entlud sich in der aktuellen Krise. Diese war bereits 2006 absehbar - daher auch die damalige Ernennung des Goldman-Sachs-Manns Henry Paulson zum US-Finanzminister. Ihm fiel offenbar die Aufgabe zu, ausländische Kapitalgeber an den Lasten des Debakels zu beteiligen. Nicht auszudenken, in welchem Ausmaß auch Deutschland bluten müßte, wäre die von Angela Merkel favorisierte transatlantische Wirtschaftsunion bereits Realität.

Ein anderer Aspekt der Krise ist die surreale Komplexität des Systems. Dubiose Kredite in vierstelliger Milliardenhöhe wurden so lange umverpackt, verbrieft, zu Derivaten denaturiert und weitergereicht, bis die Gläubiger am Ende der Kette die ursprünglichen Schuldner nicht mehr kannten. Was als Risikostreuung verkauft wurde, potenziert in Wirklichkeit das Risiko. Für den Verlust von Einfachheit und Transparenz muß jetzt gebüßt werden. Selbst in ruhigen Zeiten war der Handel mit diesen Finanzprodukten auf hochgezüchtete Computerprogramme angewiesen. Nun sind korrekte Preise überhaupt nicht mehr zu ermitteln. Kein Wunder, daß das archaische Investment Gold reüssierte.

In der Politik ist es nicht anders: Die gerade von der Großen Koalition ungezügelt vorangetriebene Bürokratisierung und Regulierung dezimiert Freiheit und Wohlstand. Nichts wäre gebotener als die Rückkehr zu einem einfachen Finanzsystem, zu einfachen Gesetzen, zum einfachen Leben. Ernsthaft hoffen dürfen wir darauf nicht, weil das Komplizierte schon immer ein vorzügliches Herrschafts- und Ausbeutungsinstrument war.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen