© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/08 25. Januar 2008

Schnitzeljagd mit Heidenspaß
Kino: "Das Vermächtnis des goldenen Buches"
Michael Insel

Wer eine Achterbahn besitzt, vor der jeden Tag die Besucher Schlange stehen, wäre schön dumm, sie zum Schachclub umzubauen. Die Inhaber des berühmtesten Vergnügungsparks der Welt brachten 2004 eine Abenteuerfahrt in die Kinos, die global fast 350 Millionen Dollar einspielte - und dumm ist der Disney-Konzern ganz gewiß nicht. Die wieder von Jerry Bruckheimer produzierte Fortsetzung bringt Regisseur Jon Turteltaub mit den Drehbuchautoren Cormac und Marianne Wibberly zusammen, um nicht nur die Handlung, sondern auch den Erfolg des action-geladenen Kassenschlagers "Das Vermächtnis der Tempelritter" zu wiederholen - diesmal noch lauter, noch bunter und noch hanebüchener.

Zur kurzweiligen Abendunterhaltung taugt "Das Vermächtnis des goldenen Buches" vor allem, weil der Film sich - anders als etwa der pompöse "Da Vinci Code" - nie allzu ernst nimmt. Das gilt insbesondere für die außerordentlich starke Besetzung, darunter drei Oscar-Preisträger und zwei Nominierte, die ihre Rollen im Schlaf hätten spielen können. Statt dessen haben sie einen Heidenspaß mit den Dialogen.

Wieder einmal geht es um ein Geheimdokument, einen versteckten Schatz, Codes, die zu knacken sind, schamloses Product Placement und Verschwörungstheorien, die jeden normalen Menschen in den Wahnsinn treiben würden - nicht aber unseren hyperaktiven Helden Benjamin Franklin Gates (Nicholas Cage) und seine Getreuen, den sprücheklopfenden Technikfreak Riley (Justin Bartha), seinen Vater Patrick, den verwirrten Professor, und - was wäre eine Hollywood-Produktion ohne Liebesgeschichte - die Archivarin Abigail (Diane Kruger).

Diesmal müssen die Abenteurer die Ehre von Bens Ururgroßvater retten, der als Mitverschwörer an der Ermordung Abraham Lincolns beteiligt gewesen sein soll. Diese Mission gerät, wie es in diesem Genre so üblich ist, zu einer Schnitzeljagd rund um den Erdball auf der Suche nach einem mythischen indianischen Eldorado namens Cebola. Unterwegs erfährt der Zuschauer unter anderem, was es mit der Mondlandung wirklich auf sich hatte und wie verflixt einfach es ist, ins Weiße Haus und Buckingham Palace einzubrechen - geschweige denn, den US-Präsidenten zu entführen.

Bevor Turteltaub mit den Dreharbeiten zum dritten "Vermächtnis" beginnt, wäre er indes gut beraten, Nachhilfe bei Paul Greengrass zu nehmen. Dessen "Bourne-Ultimatum" ist ein Lehrstück, wie sich Spannung und Tempo von der ersten bis zur letzten Minute stetig steigern lassen. Hier dagegen ziehen sich die gut zwei Stunden Filmlänge schließlich doch arg.

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