© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Angriff auf Audi, BMW und Mercedes
EU: Unter dem Deckmantel "Klimaschutz" wird erfolgreich Industriepolitik gegen Deutschland gemacht
Klaus Peter Krause

Zu den vielen kostspieligen Folgen des vermeintlichen "Klimaschutzes" gehört nun auch das, was seit Jahresbeginn Frankreich eingeführt hat und als Schutzmaßnahme ausgibt. Dort erhalten Neuwagenkäufer jetzt staatliche Zuschüsse für Autos mit einem geringen Kohlendioxid-Ausstoß und Strafgelder für Autos mit einer hohen Emission. Um den höchsten Zuschuß von 1.000 Euro zum Kaufpreis zu bekommen, muß das Auto weniger als 100 Gramm CO2 je Kilometer emittieren. Zwischen 101 und 120 Gramm Emission sind es 700 Euro und von 121 bis 130 Gramm 200 Euro. Bei Werten bis zu 160 Gramm gibt es weder Zuschuß noch Strafgeld (neutrale Zone). Von 161 Gramm an werden zusätzlich zum Kaufpreis die Strafgelder fällig, gestaffelt nach 200 Euro bis 165 Gramm, 750 Euro bis 200 Gramm, 1.600 Euro bis 250 Gramm und 2.600 Euro für alles darüber.

Je größer und schwerer das Auto, desto höher ist sein CO2-Ausstoß. Autoproduzenten also, die überwiegend Kleinwagen sowie Autos der Mittelklasse herstellen, werden begünstigt, weil ihre Wagen in den Zuschußbereich oder in die neutrale Zone fallen. Das sind in Frankreich in diesem Marktsegment besonders Renault sowie Citroën und Peugeot (PSA). Dagegen fallen Produzenten der oberen Mittelklasse und Oberklasse in den Strafgelderbereich.

Dieses Premium-Segment bedienen vor allem die deutschen Firmen Audi, BMW, Mercedes und Porsche. Die Anti-CO2-Regelung ist der französischen Autoindustrie auf den Leib geschneidert: Sie erleichtert das Geschäft, denn wer in Frankreich jetzt größere deutsche Autos kaufen will, muß dafür noch tiefer in die Tasche greifen. Da sich auch der Sprit drastisch verteuert hat, werden Käufer tendenziell auf deutsche Wagen verzichten und sich zum heimischen Produkt bequemen.

Folglich ist die deutsche Autoindustrie empört und schlägt Alarm. Sie prangert die Regelung als gegen sie gerichteten Protektionismus und verwerfliche staatliche Industriepolitik an. "Das ist ein industriepolitischer Angriff, der mit Klimaschutzzielen nichts zu tun hat", sagt der Verband der deutschen Autoindustrie (VDA). Staatliche Industriepolitik anstelle von Markt und Wettbewerb ist schon immer eine trübe Eigenschaft französischer Regierungen gewesen. Sie äußert sich in der Protektion für absteigende Industriezweige und in der Subvention und Intervention zugunsten technischer Entwicklungen und Industriezweige, die der Staat (nach entsprechender Behandlung durch die jeweilige Lobby) für zukunftsträchtig hält.

Unter dem Deckmantel Klimaschutz treibt Frankreich nun also ebenfalls Industriepolitik, denn der Marktanteil ausländischer Autos ist 2007 von fast 46 auf gut 48 Prozent gestiegen. Große Wagen mit starken Motoren haben im Verkauf am stärksten zugelegt. Das geht zu Lasten der französischen Industrie und stößt auch in der Regierung nicht auf Wohlgefallen und staatliche Tatenlosigkeit. Daher überrascht es nicht, daß ein vom VDA veranlaßtes Rechtsgutachten erklärt, Frankreichs neue Anti-CO2-Regelung fördere heimische Autobauer, diskriminiere mit der "Kaufsteuer" bewußt deutsche Importautos und verstoße damit gegen EU-Recht.

In die Schlacht gegen die neue Regelung wird auch die Bundesregierung mit Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel geschickt. Glos warnte seine französische Amtskollegin Christine Lagarde per Brief, das Premium-Segment dürfe nicht diskriminiert werden. Ebenfalls brieflich protestierte die CDU-Chefin beim EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Durão Barroso gegen das französische Vorgehen - und gegen die EU-eigenen Anti-CO2-Pläne gleich mit. Selbst Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der aus dem VW-Land Niedersachsen kommt, spannte sich ein und sprach von einem "Wettbewerbskrieg" gegen Deutschland.

Aber das, wogegen Merkel jetzt zu Felde zieht, hat sie 2007 als EU-Ratschefin heftig mitbetrieben und sich dabei als Klimaschützerin hochstilisiert. Nun, da die EU-Kommission den damaligen Ratsbeschluß ausführt und bekanntmacht, was sie im einzelnen plant, ist das der Kanzlerin plötzlich nicht mehr recht, und sie tut so, als habe sie das rein gar nicht gewollt - jedenfalls nicht so.

Abgesehen von grundsätzlichen Einwänden gegen solche CO2-Regelungen überhaupt ist der französischen Maßnahme vorzuwerfen, daß sie nur auf die großen Wagen zielt, aber die kleineren verschont und so überhaupt nicht den CO2-Gesamtausstoß berücksichtigt. Zu dem tragen die kleineren Wagen allein wegen ihrer größeren Absatzmenge weitaus am stärksten bei. Nach ADAC-Berechnungen tragen die vier unteren Fahrzeugklassen zu diesem Gesamtausstoß 88 Prozent bei, die zwei oberen nur zwölf Prozent. Gleichwohl unterliegen Frankreichs Hersteller dieser Wagenklassen dem finanziellen Zwang zur weiteren  CO2-Verminderung nicht, obwohl diese Autos wegen ihrer Überzahl am Personenwagenverkehr die eigentlichen "CO2-Schleudern" sind und weiteres Verbesserungspotential aufweisen.

Frankreich kommt es also nicht darauf an, die CO2-Gesamtmenge entscheidend zu senken, sondern die eigenen Hersteller im Wettbewerb günstiger zu stellen. Nicht anders und aus den gleichen Gründen denkt und agiert Italien, wo der Fiat-Konzern zu den wichtigsten Unternehmen zählt. Beide Länder betreiben daher auch entsprechende Lobby-Arbeit bei der EU in Brüssel für deren eigene Anti-CO2-Pläne gegen die Autofahrer, um auch hier die beiden oberen Fahrzeugklassen zu diskriminieren. Bisher erfolgreich, denn das Vorhaben der EU-Kommission unterscheidet sich von der Pariser Regelung nur wenig. Sie ist außerdem für Neu- wie Altwagen vorgesehen.

Einen Trost immerhin gibt es: Frankreichs Regelung hat den deutschen Herstellern ein Bomben-Zusatzgeschäft beschert. Denn die Franzosen haben erst später beabsichtigte Käufe größerer deutscher Autos schon vorgezogen. Gemessen an den Zulassungszahlen, ist der Verkauf für deutsche Autos von Mercedes, BMW und Audi im vergangenen Dezember in Frankreich um 70, 53 und 25 Prozent gestiegen.

Foto: Französische sollen deutsche Autos überholen: Der CO2-Gesamtausstoß wird nicht berücksichtigt

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