© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Schweizer Säuberung
Die Blocher-Verdrängerin
Ulrich Schlüer

Am 12. Dezember wurde sie gegen den Willen ihrer eigenen Schweizerischen Volkspartei durch eine Absprache zwischen Linken und Christdemokraten gewählt (JF 52/07). Nun ist sie seit ein paar Tagen im Amt. Die erste Amtshandlung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf: Sie hat jene durch ihre Kompetenz bestens ausgewiesene Kernmannschaft umgehend in die Wüste geschickt, welche die Vorgabe Christoph Blochers zielgenau umgesetzt hatte, wonach im Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) eine volle Viertelmilliarde Franken an jährlichem Personal- und Administrativaufwand einzusparen sei, ohne daß Leistungen abgebaut würden. Das Hauptverdienst kommt dem EJPD-Generalsekretär Walter Eberle zugute, den Blocher aus seiner früheren Firma in die Bundesverwaltung geholt hatte.

Widmer-Schlumpf hat Eberle an ihrem ersten Arbeitstag in Bern buchstäblich und auf schnöde Art "zum Teufel gejagt": Obwohl Büro an Büro arbeitend, ließ sie diesem Mann von großen Verdiensten den Befehl zur sofortigen Büro-Räumung von einer Sekretärin überbringen - den persönlichen Augenkontakt offensichtlich scheuend. Und auch Generalsekretär Eberles Vize und enger Mitarbeiter bekam den Abschied. Da er mit anderem Arbeitsvertrag ausgestattet ist, konnte sie diesen zwar nicht gleich aus der Bundesverwaltung verjagen. Doch seiner Funktion hat sie ihn Knall auf Fall enthoben - ohne Anhörung.

Was die Bundesrätin da vorgenommen hat, nennt man Säuberung - im Dienste von Berns Funktionärskaste. Diese mußte die Aussage, wonach es gelungen sei, den Apparat des Departements um eine volle Viertelmilliarde zu straffen, ohne daß irgendwelcher Leistungsabbau sichtbar geworden wäre, als Kriegserklärung auffassen - wurde aus dieser die Steuerzahler markant entlastenden Erfolgsmeldung doch auch klar, daß die Leistungsbereitschaft in diesem Departement in der Zeit vor Blocher irgendwie beschränkt gewesen sein mußte ...

Daß Berns Funktionäre nicht ruhen würden, bis jene Persönlichkeiten aus der Verwaltung vertrieben sind, die Blochers Straffungsanweisung so trefflich durchgesetzt hatten, mußte erwartet werden. Daß sich Bundesrätin Widmer-Schlumpf vom ersten Tag an als Werkzeug solcher Funktionärsrache hergeben würde, verwundert schon eher. Eveline Widmer-Schlumpf weiß offenbar nur zu gut, wem sie ihr hohes Amt zu Bern zu verdanken hat.

 

Dr. Ulrich Schlüer ist Chefredakteur der Wochenzeitung "Schweizerzeit".

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