© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Scott Ritter: Der ehemalige US-Offizier kritisiert den Einfluß Israels auf die USA
Davidstern im Kapitol
von Günther Deschner

Wenn wir proisraelischen Lobbygruppen, allen voran dem American-Israel Public Affairs Committee (AIPAC), weiterhin erlauben, als Agent eines fremden Staates zu operieren und die US-Außen- und Sicherheitspolitik auf Kosten unserer Verfassung zu beeinflussen, dann sollten wir unseren Status als eine Kolonie Israels anerkennen, das Sternenbanner herunterreißen und den Davidstern über unserem Kapitol hissen."

Scott Ritter, der diese schrille Attacke kürzlich unter der Überschrift "Ein finaler Akt der Unterwerfung" in einem Internetdienst plazierte, war schon immer ein Freund deutlicher Worte. Als scharfer Kritiker Israels war er aber noch nicht hervorgetreten. Die Wendungen seiner Karriere haben Ritter zu einem Kenner der nah- und mittelöstlichen Konflikte gemacht, in die sein Land in den letzten zwanzig Jahren verwickelt war. Insofern findet er auch Gehör, wenn er sich undiplomatisch zu kritischen Aspekten der israelisch-amerikanischen Sonderbeziehung äußert.

Der 1961 in Florida geborene William Scott Ritter trat 1984 in das US Marine Corps ein, wo er zwölf Jahre als Feindlageoffizier diente. Mehrere Jahre hielt er als Verbindungsoffizier Kontakt zu den israelischen Streitkräften, und im Golfkrieg von 1991 war er dem Stab des US-Generals Schwarzkopf als Sachverständiger für mögliche Raketenangriffe Bagdads auf Israel attachiert.

Bekannt wurde er aber als Uno-Waffeninspektor im Irak ab 1991, als ihm der Zugang zu irakischen Anlagen verweigert und er unter der Anschuldigung, für die CIA zu arbeiten, ausgewiesen wurde. Ritter kritisierte damals die Vereinten Nationen wegen ihrer Tatenlosigkeit und trat 1998 von seinem Amt zurück.

Für seine Unabhängigkeit sprach, daß er bald ebenso offen die Nahostpolitik Washingtons kritisierte. Er bestätigte die Vorwürfe Bagdads, daß die CIA versuche, sich der Uno-Mission zu Spionagezwecken zu bedienen. Scharf wandte er sich aus eigener Kenntnis gegen die Lüge von den irakischen Massenvernichtungswaffen, die George W. Bush 2003 als Vorwand für seinen Irak-Krieg diente. Durch seine Bücher und Artikel dazu und zu den Plänen der Bush-Regierung, auch einen Krieg gegen den Iran vom Zaun zu brechen, wurde er zu einem ihrer schärfsten Kritiker. Die US-Regierung sei ein "Gefangener" Israels, so seine jüngste These, und lasse sich trotz des Urteils aller US-Geheimdienste, Teheran habe seine atomare Aufrüstung aufgegeben, weiter zu einem Angriff auf den Iran treiben.

Im Ton vielleicht, doch nicht der Sache nach, steht Ritter mit seinen Vorwürfen nicht allein: Als prominenteste Kritiker neben ihm gelten Ex-Präsident Jimmy Carter mit seinem 2006 veröffentlichten Buch "Palestine: Peace, Not Apartheid" und die Politologen John Mearsheimer und Stephen Walt mit ihrer 2007 publizierten Studie "Die Israel-Lobby" (JF 42/07). Die Diskussion in den USA ist also in vollem Gang. Ritter hat einen polemisch formulierten Beitrag dazu geleistet. Einer Kontroversen ist er noch nie aus dem Weg gegangen.

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