© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/08 04. Januar 2008

Frisch gepresst

Schergen. Im vergangenen Jahr richtete die Verfilmung des Dramas von der "Frau vom Checkpoint Charlie" mit Veronika Ferres (JF 39/07) das öffentliche Interesse auf mit dem DDR-Mauerregime verbundene persönliche Schicksale, für deren Publikmachung in damaliger Zeit allenfalls aufrechte Streiter vom Schlage eines Gerhard Löwenthal sorgten. Grund genug für den Münchner Herbig Verlag, die bereits 1984 herausgegebenen Erinnerungen von Ellen Thiemann "Stell dich mit den Schergen gut" (Für mein Kind durch die Hölle des Frauenzuchthauses Hoheneck. München 2007, gebunden, 372 Seiten, 9,95 Euro) neu zu edieren. Dieser Klassiker der DDR-Gefängnisliteratur schildert eine ähnlich haarsträubende Begebenheit wie die Ferres-Verfilmung. Nach Aufdeckung einer versuchten "Republikflucht" ihres Sohnes nahm sie die Schuld auf sich, was ihr drei Jahre Haft im Frauengefängnis Hoheneck einbrachte, dem Sohn aber zumindest statt in staatlicher Obhut beim Vater ließ. Daß sich dieser Vater als Stasi-Spitzel herausstellte, verleiht der Geschichte nachträglich noch eine fast groteske Pointe.

Nichtexistente BRD. Wie heißt es doch auf den "T-Hemden" aus dem sächsischen Riesa: "Die BRD ist uns völlig gleich, unsere Heimat ist das Deutsche Reich." Insoweit kann man Sven B. Büchters Büchlein "Geheimsache BRD. Beweise für die Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland" (ATB: Die Büchermacher, Langenau 2007, broschiert, 193 Seiten, 14,95 Euro) als T-Hemd in Buchform für jene Reichsfreunde einstufen, die sich mit der alten Kulturtechnik des Lesens vertraut gemacht haben. Gleichwohl dürfte sich die Evidenz von Büchlers "Einsicht", die BRD habe sich im Einigungsvertrag staats- und völkerrechtlich selbst abgeschafft, nur wenigen erschließen. Diese bestenfalls aufs Sektenformat begrenzte Wirkungsmacht teilt Büchters aber mit allen Lösern von "Welträtseln", die unser Dasein von einem archimedischen Punkt aus kurieren wollen. Und einen Schuß unfreiwilliger Komik gibt es als Zugabe, wenn der Autor sich über das Amtsgebaren von selbsternannten Reichsverwesern echauffiert oder mit der Penetranz eines "Ditsche" über völkerrechtlich nicht erloschene Ansprüche auf das antarktische, klimabedingt nun bald vom Eise befreite "Neuschwabenland" schwadroniert.

Zwischen Weichsel und Alle. Kersten Radzimanowski, der sich mit seinen Publikationen zum preußischen Oberland zum Chronisten dieses ostdeutschen Landstrichs entwickelte, ruft in seinem jüngsten Werk "In den Zwölften im Oberland" (Winterszeit und Weihnachtsfreud von Elbing bis Soldau. Eigenverlag, Eggersdorf 2007, 200 Seiten, Abbildungen, 35 Euro) den winterlichen Zauber dieser urtümlichen, 1945 untergegangenen Region zurück.


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