© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/07-01/08 21./28. Dezember 2007

Tabubruch
Eine längst fällige Retrospektive: "Das Boot" in Bonn
Ansgar Scholz

Als Anfang der 1980er Jahre "Das Boot" in die Kinos kam, stand die linke Szene kopf. Der Film war ein Tabubruch, selten gab es so kontroverse Diskussionen wie hier bei der Verfilmung des Schicksals des U-Boots 96 aus dem Zweiten Weltkrieg. Zum ersten Mal wurden deutsche Soldaten nicht in der Rolle der Täter, sondern als Opfer gezeigt. Während der Stern den Film als Verbrechen ansah, sprachen die fünf Millionen Kinobesucher allein in Deutschland eine andere Sprache. Auch in den USA, Japan und anderen Ländern war er ein Erfolg und spielte die für damalige Verhältnisses horrenden Produktionskosten von 25 Millionen Mark locker wieder ein.

"Das Boot" war eine der Sternstunden der Bavaria. Mit zwei amerikanischen Filmproduzenten war zuvor verhandelt worden, doch beide Male hatten sowohl der Autor des Buches, Lothar-Günther Buchheim, als auch die Bavaria selbst Bedenken, die Verfilmung könnte zu kitschig und klischeehaft werden. Schließlich nahm der neue Chef der Bavaria, Günter Rohrbach, das Projekt selbst in die Hand. Er selbst, der Erste Kameramann Jost Vacano und der Komponist Klaus Doldinger, der die Filmmusik produzierte, waren anwesend bei der Eröffnung der Ausstellung "Das Boot - Geschichte, Mythos, Film", die seit Mitte November im Bonner Haus der Geschichte zu sehen ist.

Vacano schilderte eindrucksvoll, daß er bei den Dreharbeiten Sturzhelm, Knie- und Ellbogenschoner getragen habe, weil er tatsächlich in dem lebensgroß nachgebildeten U96 gedreht habe. Mit hoher Geschwindigkeit, teilweise nur mit Handkamera ausgestattet, habe er der Film-Besatzung des Bootes folgen müssen, und gerade deshalb wirke der Film so authentisch. Wegen der Enge des Bootes blieben Stürze und Brüche nicht aus. Bombentreffer wurden simuliert, indem das Boot von einer hydraulischen Hebebühne hinabgestürzt wurde - allen Darstellern sei so die Angst ins Gesicht geschrieben worden.

Der für die Filmarbeiten nachgebaute Turm von U96 thront nun in zwei Metern Höhe im Haus der Geschichte, rundherum gibt es einen schmalen Gang, ganz wie in einem echten U-Boot. Weiße Beleuchtung wechselt mit roter - das Signal für ein Abtauchen. Der ganze Ausstellungsbereich ist mit grünem Licht unterlegt, was obendrein bedrohlich und dramatisch wirkt. Bei der Eröffnung der Ausstellung spielte Doldinger mit seiner sonst eher jazzigen Band die originale Filmmusik, dazu gab es auf einer riesigen Leinwand passende Film­ausschnitte.

Neben Exponaten aus den Dreharbeiten, so dem Pulli, den der von Herbert Grönemeyer verkörperte Kriegsberichterstatter trug, und dem Tiefenmesser, der mal eine Bahnhofsuhr war, erfährt man einiges über die Geschichte der deutschen U-Boot-Waffe seit 1917. Filmausschnitte und über Hörlöffel abrufbare Interviews mit Darstellern und Produzenten machen das Ganze zu einer multimedialen Veranstaltung. Auch der eigentliche Urheber Buchheim wird ausführlich gewürdigt. Er stand dem Filmprojekt eher kritisch gegenüber, distanzierte sich anfangs sogar öffentlich, um dann doch die für das Fernsehen auf sechs Stunden verlängerte Fassung gutzuheißen.


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