© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/07-01/08 21./28. Dezember 2007

Der Evangelist Lukas schrieb die biblische "Weihnachtsgeschichte"
Vater der Weihnacht
Karlheinz Weissmann

Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind, die uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Worts gewesen sind". Mit diesem Satz beginnt Lukas sein Evangelium. Im Neuen Testament hat sich nur ein älteres Evangelium erhalten, das des Markus. Aber natürlich spricht alles dafür, daß Lukas Aufzeichnungen besaß und die Gemeindetraditionen gesichtet hat, bevor er mit der Niederschrift seines Evangeliums begann: "So habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe".

Ansonsten wissen wir wenig über Lukas, den wir hier nach einem Gemälde des italienischen Renaissance-Malers Andrea Mantegna, der auch die berühmte "Beweinung Christi" malte, aus dem Jahre 1453 darstellen. Vielleicht war er identisch mit dem Arzt gleichen Namens, der im Kolosserbrief erwähnt wird und zeitweilig als Gefährte mit Paulus reiste. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat für sich, daß er heidnischer Herkunft war, also zu jener rasch wachsenden Gruppe in der frühen Gemeinde gehörte, die nicht aus dem Judentum stammte. Traditionell wird ihm auch die Apostelgeschichte zugeschrieben, was - sollte das zu Recht geschehen - einen Hinweis darauf gibt, daß sein Werk relativ früh entstand, jedenfalls vor dem Martyrium des Petrus und des Paulus während der neronischen Verfolgung, von dem keine Rede ist.

Sicher hätte Lukas das Interesse an seiner Person eher irritiert, denn die sollte zurücktreten gegenüber der Botschaft, die er zu übermitteln gedachte: das Evangelium von der Liebe Gottes zu den Menschen, eines Gottes, der selbst Mensch geworden ist und als Erlöser zu seinen Geschöpfen kommt. Besonders eindrucksvoll hat Lukas diesen Grundgedanken mit seiner Geschichte von der Geburt Christi dargestellt. Das, was als "Weihnachtsgeschichte" gilt, ist eben der Text von Lukas 2: wo berichtet wird von der Volkszählung des Augustus, der beschwerlichen Wanderung Josefs und Marias nach Bethlehem, von der Geburt, dem Kind in der Krippe, den Hirten auf dem Felde, die der Engel herbeiholt und die dann als erste das Wort von dem Kind "ausbreiteten".

Man hat diese Geschichte als Mythos gelesen und als Hinweis auf eine lukanische Theologie der Armut. Sie hat mit beidem zu tun. Aber das ist nicht das Entscheidende. Anders als Markus, der erst den erwachsenen Jesus von Nazareth auftreten läßt, der von Johannes getauft wird, und anders als Matthäus, der von den Sterndeutern berichtet, vom Kindermord des Herodes und der Flucht nach Ägypten, so daß die Geburt selbst zurücktritt, und ganz anders als Johannes mit seinem großen Hymnus auf die Fleischwerdung des "Wortes", geht es bei Lukas um eine Urgeschichte. Seine Lehre entfaltet sich durch die Erzählung, eine, die in den Menschen immer etwas anrührt, mindestens am Heiligabend, ganz gleich, ob sie sich als Christen betrachten oder nicht.


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