© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/07 07. Dezember 2007

Frisch gepresst

Leo Strauss. War der Name des jüdischen Philosophen Leo Strauss (1899-1973) zu seinen Lebzeiten allenfalls einigen Spinoza- und Hobbes-Spezialisten ein Begriff, ist er seit dem ersten Golfkrieg als geistiger Übervater der US-"Neokonservativen" in aller Munde. Keine Deutung des US-Interventionismus kommt mehr ohne den Hinweis auf den geheimen Einfluß dieses Denkers aus, der eigentlich als "Anti-Machiavellist" in philosophiehistorischen Nachschlagewerken figuriert. Als ein Beitrag zur Klärung verschwörungstheoretisch aufgeladener, verwirrender Zuordnungen kann dabei die Berliner Dissertation Markus Kartheinigers begrüßt werden, die sich der "Politischen Philosophie im Frühwerk von Leo Strauss" zuwendet (Heterogenität. Wilhelm Fink Verlag, München 2006, broschiert, 442 Seiten, 58 Euro), die er, im Vergleich mit Hermann Cohen und Franz Rosenzweig, auf das "deutsch-jüdische Problem" zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezieht. 

 

John Maynard Keynes. Die Lehren des britischen Ökonomen Keynes (1883-1946) beeinflussen die heutige Volkswirtschaftslehre weitaus geringer, als seine fast magische Rolle in wirtschaftspolitischen Debatten anmutet, bei denen seine Theorien gern als Gegenentwurf zum "Neoliberalismus" und mit den "Keynesianern" die letzten Ritter gegen jede Form "unsozialer" Ökonomie bemüht werden. Der Berliner Soziologe und Wissenschaftshistoriker Reinhard Blomert hat im handlichen Format eine lesenswerte Einführung in Leben und Werk vorgelegt, die Keynes Einfluß ab 1914, wo er als Berater des britischen Schatzministeriums erstmals in makroökonomische Prozesse steuernd eingreift, bis zur Gründung des Internationalen Weltwährungsfonds 1946 schildert (Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2007, broschiert, 158 Seiten, 8,50 Euro).

 

Hartmut Mehdorn. Wiederum in einem Gesprächsband hat sich der Publizist Hugo Müller-Vogg einem der wichtigsten Wirtschaftsbosse Deutschlands genähert, der nicht zuletzt durch die zähen Verhandlungen mit den Bahngewerkschaften im Fokus der Aufmerksamkeit steht: Hartmut Mehdorn. Seine Aussage "Diplomat wollte ich nicht werden", die gleichsam als Buchtitel steht (Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2007, gebunden, 222 Seiten, Abbildungen, 17,95 Euro), dürfte dem 1942 geborenen Bahnchef durchaus gerade in den andauernden Tarifverhandlungen nur zu gerecht werden. Er hat bei der Umstrukturierung des beamtenstarrenden Tankers zum schlagkräftigen Noch-Staatsunternehmen viele Erfolge zu verzeichnen - obwohl die Leistungen seiner Vorgänger Dürr und Ludewig allzuoft dem bisweilen Kritikresistenz und Sturheit mit Selbstbewußtsein verwechselnden Topmanager zugeschrieben werden.


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