© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/07 30. November 2007

Jörg Friedrich legt nach dem Bestseller "Der Brand" nun sein neues Buch vor
An den Ufern des Yalu
Christian Vollradt

Eigentlich sollte sein neues Buch den Namen der griechischen Göttin "Nemesis", der Rächerin allen menschlichen Frevels, im Titel führen. Doch statt eines Begriffs aus fernen Zeiten wählte Jörg Friedrich, der 2002 mit "Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg" für Furore sorgte, einen geographisch fernen: "Yalu".

Für die meisten Leser wird dieser Grenzfluß zwischen Nordkorea und China allerdings so unbekannt sein wie die Auseinandersetzung, die 1950 bis 1953 südlich seiner Ufer tobte. Daß der in Gestalt des Korea­kriegs ausgetragene Konflikt der Großmächte USA und China nicht zu einem Dritten Weltkrieg eskalierte, besiegelte laut Friedrich zugleich das Schicksal der Koreaner: "Ein kleines Volk auf schmalem Raum stand einem unerschöpflichen Potential gegenüber, das sich entlud, weil kein Hindernis bestand, damit aufzuhören." Das neue Werk ist spannend und interessant, doch kehrt der nach seinem "Brand" von linker und politisch korrekter Seite zum Teil heftig befehdete Friedrich damit zurück in sichere zeitgeschichtliche Gefilde, in denen er davor zu Hause war.

Einen Namen hatte sich der 1944 in Kitzbühel/Tirol geborene Historiker mit Veröffentlichungen über die mangelnde juristische Aufarbeitung der NS-Zeit gemacht: 1983/84 erschien "Freispruch für die Nazi-Justiz" und "Die Kalte Amnestie". Er arbeitete an der "Enzyklopädie des Holocaust" (1993) mit und brachte im selben Jahr "Das Gesetz des Krieges" über den Prozeß gegen das Oberkommando der Wehrmacht heraus.

Mit "Der Brand" erreichte er einen für Historiker ungewöhnlichen Bekanntheitsgrad. Über 200.000 Mal wurde das Buch allein in der gebundenen Ausgabe verkauft. Der Bombenkrieg, das Leid der in den Kellern begrabenen Zivilisten sowie die Spätfolgen - das ausgelöschte historische Antlitz der deutschen Städte - waren in aller Munde. Vielen Kritikern galt Friedrich als "Relativierer", der gegen die Gebote deutscher Vergangenheitspädagogik verstieß: "Deutsche Täter sind keine Opfer!" Und: "Du sollst nicht vergleichen!"

Dabei sieht sich der in Berlin lebende Publizist nicht als Provokateur - eher umgekehrt: "Ich fühle mich ständig durch die Geschichte provoziert, wenn ich mich schon wieder frage: Verdammt, warum taucht das eigentlich nicht in unserem Geschichtsbewußtsein auf?" bekannte er in einem Interview.

Offensichtlich können ihm manche den "Brand" nicht verzeihen und torpedieren selbst die Vorstellung seiner unbedenklichen Neuerscheinung. In Göttingen etwa empörten sich jüngst örtliche Gewerkschaftsfunktionäre und "Antifaschisten" gleichermaßen, als der "Geschichtsverdreher" und "Stichwortgeber der extremen Rechten" aus "Yalu" lesen wollte. Die Lesung wurde abgesagt - angeblich wegen Verschiebung des Erscheinungstermins. Der Vorwurf, man habe sich den Drohungen der Linken gebeugt, ist damit sowenig zu beweisen, wie die offizielle Begründung fadenscheinig ist.


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