© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/07 30. November 2007

Wiedergutmachung
Steinbrück in der Pflicht
von Doris Neujahr

Vorerst ist es nur ein inoffizieller Vorstoß, den der israelische Rentenminister Rafi Eitan unternommen hat: Weil viele israelische Rentner in Armut lebten, müsse das 1952 abgeschlossene Wiedergutmachungsabkommen mit Deutschland neu verhandelt werden. Die höhere Lebenserwartung der Holocaust-Überlebenden, der Zustrom von Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und die gestiegenen Lebenshaltungskosten seien damals nicht vorhersehbar gewesen.

Natürlich waren sie das nicht, aber das ist der Lauf der Welt! Immerhin sind von der Bundesrepublik insgesamt bisher 60 Milliarden Euro für jüdische NS-Opfer aufgebracht worden, 40 Prozent davon gingen nach Israel. Wenn israelische Rentner jetzt in Not sind, liegt die Verantwortung dafür im schludrigen Umgang mit dem überwiesenen Geld und in den Prioritäten der israelischen Politik. Die "moralische Verpflichtung Deutschlands" verkommt zum politischen Erpressungsmittel, und die "Würde der Opfer" soll dazu herhalten, um Haushaltslöcher zu stopfen. 62 Jahre nach Kriegsende muß die Bundesregierung dafür sorgen, daß der Gebrauch des suggestiven Begriffs "Holocaust-Überlebender" nicht inflationiert und zeitlich, räumlich und sachlich überdehnt wird.

Arme Rentner gibt es auch in Deutschland. Schon ihretwegen steht Finanzminister Peer Steinbrück in der Pflicht, auf seinem Nein zu beharren, das er bei seinem Israel-Besuch vorgebracht hat!


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen