© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

Internet und Blattreform
Die Revolution der Presse
Dieter Stein

Manchem hängt das Gerede über "Web 2.0" und die Neuerfindung im Internet schon zum Halse raus. Die geplatzte Internet-Blase an der Börse vor fünf Jahren ist in schlechter Erinnerung geblieben. Sollte eine konservative Zeitung also bei ihren Leisten bleiben und sich allein auf das gedruckte Wort konzentrieren?

Bereits bei der Leserumfrage, die die JUNGE FREIHEIT in diesem Frühjahr durchgeführt hat, fiel der inzwischen rasant angewachsene Anteil derjenigen auf, die sich schon der alten JF-Internetseite bedienten. Über die Hälfte unserer Leser besucht die Internetseite wöchentlich und hat auch auf diesem Weg die Umfrage bereits am Rechner ausgefüllt. Angesichts der demographischen Entwicklung und des damit einhergehenden "Überalterungsprozesses" der Kunden für alle Verlage ist es frappierend, daß die Altersstruktur der Online-Leser reziprok zu den reinen "Print-Lesern" ist. Kurz gesagt: Das Internet ist für Leser unter 30 bereits jetzt die Informationsquelle Nr. eins. Das Gedruckte folgt danach und nicht mehr umgekehrt. Dieser Realität stellen sich die Zeitungsverlage und auch die JF, die bislang ihre Internetseite nur wöchentlich und in beschränktem Umfang aktualisiert hat.

Zudem zeigt sich mittlerweile die Macht des Internet als härtere Alternative zu etablierten Medien. Beim jüngsten Skandal um Eva Herman standen Fernsehsender und große Zeitungsverlage unter enormem Druck angesichts des geballten Protestes von Bürgern über interaktive Netzforen, in denen sich Zehntausende Luft verschafften und die politisch korrekte Meinungsmache angriffen. Blogs (Netztagebücher) können Printmedien an Schnelligkeit und Offenheit überbieten.

Letztlich entwickelt das Internet für die öffentliche Meinung eine ähnliche Schubkraft, wie es die Entwicklung der modernen Druckerkunst durch Gutenberg im 15. Jahrhundert war. Sie löste nicht nur den massenhaften Bibeldruck, sondern auch eine Flut an Unrat und Hetze aus, die über schnell zu druckende Flugschriften unter die Leute gebracht wurden. Letztlich stieß die Technik aber das Tor auf für breite Volksbildung und politische Partizipation.

Das Internet, ähnlich janusköpfig, ist heute die entscheidende Börse für den Austausch von Nachrichten, Keimzelle politisch-kultureller Trends und die schnellste Form von Opposition. Hier werden Kampagnen geboren und pariert. Die JF hat deshalb ihre Internetseite völlig modernisiert, wartet dort ab sofort mit täglich neuen Beiträgen, Interaktion, Dossiers, Umfragen und einem exzellenten Archiv auf.

Dies alles leisten wir aus eigener Kraft und mit der Absicht, die Zeitung zu stärken. Die Druckausgabe, deren optische Gestaltung mit dieser Ausgabe ebenfalls auf vielen Seiten behutsam verändert wurde, soll von den über das Internet gewonnenen Nachrichten profitieren. Insbesondere jüngere Leser sollen über die neue Portalseite neugierig gemacht werden auf kritisch-konservativen Journalismus - und schließlich für das Abonnement gewonnen werden. Denn nur so erhält man auch weiterhin die ganze JUNGE FREIHEIT!


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