© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/07 26. Oktober 2007

Hoffen und Bangen:
Christen unterm Halbmond
Christoph Martinkat

Wer aus Deutschland nach Istanbul reist, kommt aus dem Staunen kaum heraus. Zwischen dreizehn und fünfzehn Millionen Menschen leben derzeit in der türkischen Metropole. Und jedes Jahr kommen etwa 300.000 dazu. Das entspricht der Einwohnerzahl einer deutschen Großstadt. Istanbul gibt sich weltoffen und pro-westlich, doch ist das nur die halbe Wahrheit über die Türkei. Die andere betrifft auch die Unterdrückung religiöser Minderheiten. Zwar ist die Türkei ein islamisches Land, schließlich sind  99 Prozent der Einwohner Muslime. Doch ist die Türkei kein islamischer Staat hinsichtlich ihrer Verfassung und Gesetzgebung. Diese orientieren sich vermehrt an westlichen Standards. Zwar hat sich das Land am Bosporus den Laizismus auf seine Fahnen geschrieben. Doch mit der Umsetzung der in der Verfassung festgeschriebenen Religionsfreiheit ist das so eine Sache, wie das Schicksal religiöser Minderheiten beweist.

Die christliche Minderheit in der Türkei besteht heute aus etwa 150.000 Menschen (0,3 Prozent der Einwohnerzahl). Noch vor gut 100 Jahren gehörten 20 Prozent der Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Türkei der christlichen Konfession an. Doch Vertreibung, Umsiedlung, Ausweisung und Wegzug unterdrückter Christen nach Europa sorgten dafür, daß das Christentum als gesellschaftspolitisch relevanter Faktor kaum mehr existiert. Die WDR-Dokumentation "Christen unterm Halbmond" (Mo., 29. Okt., 23.15 Uhr) befaßt sich mit der Heimkehr von Christen aus Westeuropa und ihrem Alltag in der Südost-Türkei. Ein Leben zwischen Hoffen und Bangen.


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