© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/07 26. Oktober 2007

Meldungen

Kunsttheorie: Das Unsichtbare nachahmen

STUTTGART. Je subjektiver die Kunst der Neuzeit werde, desto wichtiger werde nun auf einmal die Abbildung als singuläre Realität und das Bewußtsein, daß dieses konkrete Bild aus der Hand eines konkreten Künstlers stamme. Auf diese paradoxe Entwicklung, die nur scheinbar ein Detail allein aus der Geschichte der Ästhetik ist, macht der Münchner Philosoph Robert Spaemann in einem Essay zum Thema "Was heißt: ‚Die Kunst ahmt die Natur nach?'" aufmerksam (Philosophisches Jahrbuch, 2/07). Je weniger sich ein Bild als Symbol der Wirklichkeit eigne, desto bedeutsamer werde die "Realität" seines Produzenten wie die Realität des Bildes selbst. Wie stets bei Spaemann eröffnen auch diese Erörterungen eine geschichtsphilosophisch-theologische Perspektive. Denn in einer Welt, die "immer mehr zu Inszenierung wird", in Zeiten der Überflutung mit Bildern, falle der Kunst die "Aufgabe des Erinnerns" zu. Sie erfülle diese Aufgabe, ohne "realitätsgerecht" nachahmen zu müssen, wenn sie Spuren hinterlasse, die den, der ihnen nachgehe, an den "Ursprung des Lebens"  führe. Nachahmung der Natur heiße dann "das Unsichtbare nachahmen, das die fundamentale Realität ist".

 

Rätsel "Imperialer Präsidentschaft"

HAMBURG. Daß die US-Intervention im Irak 2003 mit "Lügen" begann und in einem "Desaster" geendet ist, das zum Vergleich mit "Vietnam" herausfordert, ist heute ein Gemeinplatz unter Politikwissenschaftlern und Völkerrechtlern. Von der Rekonstruktion der Entscheidungsabläufe in der Bush-Regierung und der Analyse ihrer geostrategischen Zielsetzungen verlagert sich daher das Interesse stärker auf ein politisches System, das sich selbst als "Imperiale Präsidentschaft" versteht. Wie ist es um eine Verfassungsordnung bestellt, so fragt der an Jan Philipp Reemtsmas Hamburger Institut für Sozialforschung tätige Bernd Greiner (Mittelweg 36, Heft 5/07), die von einer Gruppe entschlossener Dezisionisten "usurpiert" werde könne, um die "uneingeschränkte Privilegierung der Exekutive" durchzudrücken und so die Revision aller Kontrollen ins Werk zu setzen, die am Ende des Vietnamkrieges und im Gefolge von Richard Nixons Amtsenthebung installiert wurden, um präsidiale Macht zu zähmen? Ebenso erklärungsbedürftig sei die Bereitschaft des Wahlvolks, "die Autokraten im Weißen Haus" zu tolerieren. Und warum lasse sich die US-Geschichte "seit 1945" - wie Greiner politisch, aber, man denke nur an Roosevelt, nicht historisch korrekt behauptet - wie "ein fortgesetzter Mißbrauch ziviler Macht über das Militär" deuten? Warum haben sich die militärischen Eliten trotz des Erfahrungshintergrundes "Vietnam" erneut in das Abenteuer "asymmetrischer Kriege" treiben lassen? In zwei "Workshops" zum Thema "Imperiale Präsidentschaft" will das Reemtsma-Institut 2008 Antworten auf diese Fragen finden.


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