© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/07 26. Oktober 2007

Fakten gegen Vorurteile
von Michael Paulwitz

Siehst du einen Riesen, so prüfe den Stand der Sonne und gib acht, ob es nicht der Schatten eines Zwerges ist", sagt Novalis. Zwei Anklagen wegen Sachbeschädigung und Volksverhetzung, ein Strafbefehl wegen Parolenbrüllens, ein laufendes und vier eingestellte Ermittlungsverfahren wegen desselben Delikts - im Lichte des Rechtsstaates erscheint der Medien-Scheinriese des Jahres, die vermeintliche Mügelner Inderhatz, als eher unscheinbarer Zwischenfall.

Die differenzierende Sprache der Leipziger Staatsanwälte unterscheidet sich wohltuend vom sommerlich überhitzten Meutenjournalismus. Eine "geplante rechtsextremistische Tat" schließen sie aus, und was die Vorgeschichte angeht, wird weiter wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt - gegen vier Deutsche, aber auch gegen vier Inder. In den Medien sind das freilich nur noch Fußnoten. So leicht läßt man sich nicht das schöne Vorurteil von Fakten kaputtmachen, nicht mal dann, wenn man sie selbst berichtet. Stur schwadroniert die Welt über "ausländerfeindliche Ausschreitungen", titeln die Agenturen mit dem Totschlagwort "Hetzjagd". Böser Wille oder Gedankenlosigkeit?

Ungleich gewichtet bleibt die Berichterstattung in jedem Fall. Wäre es ebenso strafbar und tabubewehrt, deutschfeindliche Parolen zu brüllen, wenn ein Streit eskaliert, und wäre die bundesweite Empörung dieselbe, wenn Jung-Einwanderer in Überzahl über einheimische Ausgeher herfallen - so manche westdeutsche Großstadt hätte jede Woche ihr "Mügeln", nur andersrum. Aber danach fragt ja kein Staatsanwalt.


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