© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Frisch gepresst

Kampfflieger. Am 20. Juli 1944 war eine der Stützen der deutschen Nachtjagd, Oberst Hajo Herrmann, mit den ihm unterstehenden Verbänden von Hermann Göring persönlich dazu ausersehen, die Zentrale der Verschwörer, den Berliner Bendlerblock, zu bombardieren. Wie Herrmann in seinen nun wiederaufgelegten, 1986 erstmals erschienenen Erinnerungen erzählt, sei er dazu ohne Wenn und Aber bereit gewesen. Ein solcher Angriff blieb ihm erspart. Als er Wochen später an einer von Roland Freisler geleiteten Verhandlung gegen Stauffenbergs Mitverschworene teilnahm, seien bei ihm sonderliche Sympathien für die Angeklagten nicht aufgekommen. Im Sommer 1944 - Herrmann resümiert dies vor dem Hintergrund seiner ausführlichen Schilderung eines Empfangs bei einem geduldig zuhörenden, höflich und sachlich argumentierenden Führer und Reichskanzler - habe es eben für ihn keine andere Alternative gegeben als "mit ihm durch", denn: "Was sollen wir sonst tun - bedingungslos kapitulieren? Nein!" Anders als seine Kameraden Galland und Steinhoff in ihren Erinnerungen ist Herrmann auch nicht bereit, seinen Chef Göring ausschließlich als Versager und neben Adolf Hitler als den Hauptverantwortlichen für die verlorene Abwehrschlacht gegen die angelsächsischen Bomberflotten zu denunzieren. Damit sind einige der politischen Inkorrektheiten angedeutet, die Herrmanns Rückblick auszeichnen und dazu verführen, sich bei ihm schnell festzulesen (Bewegtes Leben. Kampf- und Jagdflieger 1935-1945. Universitas Verlag, München 2007, gebunden, 423 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro).

Ordensburg. 1936 öffneten drei "Ordensburgen", das hinterpommersche Krössinsee, Sonthofen und Vogelsang in der Eifel, ihre Pforten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der für vier Jahre angelegte Ausbildungsgang abgebrochen. Die Zeit war mithin zu kurz, um ihre Bestimmung erfüllen zu können: Auslese und Erziehung des NS-Führernachwuchses. Hans-Dieter Arntz, inzwischen pensionierter Oberstudienrat aus Euskirchen, hat dem Vogelsanger Experiment vor zwanzig Jahren eine Studie gewidmet, die sich näher mit der Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit in der politischen Pädagogik des Dritten Reiches beschäftigt. Er ist daher hinlänglich ausgewiesen, um in Kurzform und groben Umrissen drei Jahre "Junkerschulung" in der Eifel Revue passieren zu lassen. Seit 2006 präsentiert sich in den denkmalgeschützten Gebäuden auf dem ehemaligen Truppenübungsplatzgelände eine Ausstellung. Die Lektüre dieses reich bebilderten und erstaunlich preisgünstigen Abrisses wird leider durch manche stilistische Härten des Textes etwas getrübt (Ordensburg Vogelsang im Wandel der Zeiten, Helios Verlag, Aachen 2007, gebunden, 60 Seiten, 7,90 Euro).


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