© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Sympathie für Stoiber
Berlin: Jürgen Elsässer sprach bei der Preußischen Gesellschaft
Jörg Fischer

Vor zehn Jahren verließ Jürgen Elsässer (JF 47/05) die linke Zeitung Junge Welt, um mit anderen "Antideutschen" das Gegenprojekt Jungle World zu starten. Etwa zeitgleich wurde als "Ini-tialzündung für eine geistige Erneuerung Deutschlands" die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg (JF 9/07) gegründet. Daß beide einmal zusammenkommen, schien undenkbar.

Doch nach Kosovo-, Afghanistan- und Irak-Krieg, sieben Jahren Rot-Grün und der immer mehr Lebensbereiche umwälzenden Globalisierung haben sich alte Fronten verschoben. Und so sprach Elsässer ("Bin kein Joschka-Fischer-Linker") am 10. Oktober im Berliner Hilton vor der Preußengesellschaft, in deren Beirat Fürst Ferdinand von Bismarck sitzt, über den "Angriff der Heuschrecken, Finanzkollaps, Zerstörung der Nation und globaler Krieg".

Angesichts der auch in seinem Buch (JF 15/07) genannten Gefahren warb der linksnationale Elsässer bei den Altkonservativen für ein Bündnis von "Lafontaine bis Gauweiler" - das sei wichtiger als Gender Mainstreaming und der Einsatz für die "Transsexuellen in der Mongolei". Eine Jamaika-Koalition sei das "Schlimmste, auf was wir uns gefaßt machen müssen".

Nur die Linke und Teile der CSU ("Habe gewisse Sympathien für Stoiber") verteidigten den "rheinischen Kapitalismus" noch. Ähnliches gelte für die immer stärker US-hörige deutsche Außenpolitik. Ein EU-Beitritt der Türkei wäre "verheerend" - für beide Seiten.

Während Politik und Medien vor den Gefahren aus Putins Rußland warnten, treffe sich in München die bayerische Prominenz mit dem Bürgermeister von Moskau - zum Wohle der deutschen Wirtschaft, so Elsässer. Als "Linker von altem Schrot und Korn" forderte er angesichts der aggressiven US-Finanzindustrie eine "Re-Nationalisierung": um die "heimischen Arbeitskräfte" zu schützen und die demokratische "Staatskontrolle über Schlüsselindustrien" wiederzuerlangen - aber nicht im "alten bolschewistischen Sinne", fügte er hinzu. Denn selten erscheine ein "Weißer Ritter" (wie Porsche), der den Angriff von "Heuschrecken" (wie bei VW) verhindere.

Eine Publikumsfrage konnte Elsässer nicht beantworten: Ob das Weiße Haus hinter den Korruptionsvorwürfen gegen Siemens stecke - bei einer Milliardenstrafe durch die US-Börsenaufsicht SEC wäre das deutsche Traditionsunternehmen ein gefundenes Fressen für die "Heuschrecken".

Preußische Gesellschaft: www.preussen.org

Jürgen Elsässer: Angriff der Heuschrecken. Zerstörung der Nationen und globaler Krieg. Pahl-Rugenstein Verlag, Bonn 2007, gebunden, 222 Seiten, 17,90 Euro


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