© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Frisch gepresst

Weltmacht. Ende 2000 verfolgten die US-Bürger wie gebannt den Stimmenzählkrimi nach der Präsidentschaftswahl, ein groteskes, jeder Bananenrepublik angemessenes Schauspiel. Rückblickend läßt sich der damit verbundene Regierungswechsel wie ein Fanal ausmachen: Waren die USA noch gerade unumstrittene Weltmacht mit ungeheurem wirtschaftlichen Potential, einem viele Milliarden Dollar hohen Haushaltsüberschuß, stabiler und anerkannter Führungskopf bei ihren Bündnispartnern, so daß selbst die innergesellschaftlichen Zerwürfnisse im Champagnerrausch der New Economy hintergründig wurden, stellte sich bald die Wende ein. Raimund Löw, österreichischer Journalist und bis 2007 ORF-Büroleiter in Washington ,analysiert in Form einer Polit-Reportage den mit George W. Bush verbundenen Abstieg in die internationale Isolation. Gekonnt zeigt Löw, wie Patriot Act, Guantánomo, die Kyoto-Verweigerung und die außenpolitischen Abenteuer in Afghanistan oder im Irak das Land um seine politische und moralische Glaubwürdigkeit brachten und innenpolitische Gräben zwischen den polarisierenden gesellschaftlichen Kräften aufwarfen. Auch wirtschaftlich scheint das von schwindelerregenden Haushalts- und Außenhandelsdefiziten gezeichnete Land gegenüber China oder Rußland immer mehr zurückzubleiben. Zumindest ist Löw optimistisch, daß die noch intakten "Selbstkorrekturmechanismen" die Talfahrt bremsen können (Einsame Weltmacht. Die USA im Abseits. Ecowin Verlag, Salzburg 2007, gebunden, 253 Seiten, Abbildungen, 23,60 Euro).

Gottesstaat. Der Theologe Gerhard Padderatz konnte 2002 "seinen Traum verwirklichen" und in die USA übersiedeln, die er seit den siebziger Jahren bereiste. Erst dann erkannte er, welch dramatische Veränderung das Land erfaßt hatte. Aus der gewonnenen Innensicht rechnet der aus seiner christlichen und proamerikanischen Gesinnung kein Hehl machende Padderatz nun mit der von evangelikalen Kräften gesteuerten gesellschaftlichen Transformation ab (Mit Gewalt in den Gottesstaat. Mitteldeutscher Verlag, Halle/ Saale 2007, gebunden, 335 Seiten, 24,90 Euro).

Afghanistan. Die Spiegel-Auslandskorrespondenten Susanne Koelbl und Olaf Ihlau haben ein eindrucksvolles und kenntnisreiches Porträt über das ethnisch und geographisch so heterogene Land am Hindukusch vorgelegt. Natürlich analysieren sie dabei die militärische Situation, die im Begriff ist, sich sowohl für die USA als auch die Bundeswehr verhängnisvoll zu entwickeln. Auch wenn die beiden langjährigen Afghanistan-Kenner keineswegs die unvermeidliche Wiederkehr der Taliban prognostizieren, sehen sie die unter dem Aspekt der "Menschenrechte" beabsichtigte Implementierung eines "westlichen Systems" mit säkularen Mustern und bestenfalls Frauenbeauftragten zum Scheitern verurteilt (Geliebtes, dunkles Land. Menschen und Mächte in Afghanistan. Siedler Verlag, München 2007, gebunden, 317 Seiten, Abbildungen, 22,95 Euro).


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