© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Brüsseler Gaunerlogik
von Doris Neujahr

Der Angriff von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso auf die deutsche Europa-Politik wirft ein Schlaglicht auf den Geist, der die Brüsseler Institutionen beherrscht. Wichtiger als der Anlaß - die deutsche Weigerung, der Finanzierung des Satellitennavigationssystems Galileo zuzustimmen - ist Barrosos Kritik am Subsidiaritätsprinzip. Es besagt, daß Brüssel nur jene Kompetenzen an sich ziehen dürfe, die auf nationaler Ebene nicht gleichwertig oder besser wahrgenommen werden können. Barroso argumentiert, weil Deutschland der größte Einzahler sei, müsse es das größte Interesse an einem starken Europa haben, und fährt dann fort, er habe zwar nichts gegen Bürgernähe, doch hier sei sie gegen die europäischen Institutionen gerichtet. Eine bestechende Logik des Altmaoisten: Aus der Bereitschaft Deutschlands, überproportionale finanzielle Lasten zu schultern, ergibt sich seine Pflicht, der Entmündigung des deutschen Staates und seiner Bürger zugunsten eines bürokratischen Gebildes desto eher und freudiger zuzustimmen. Das kommt der Gaunerlogik gleich: Mitgefangen, mitgehangen.

Die deutsche Politik ist selber schuld, daß ihre finanzielle Leistungsbereitschaft im Mißverhältnis zu ihrer Gestaltungsmacht steht. Der Sessel, auf dem heute Barroso sitzt, war 2004 Edmund Stoiber angeboten worden. Doch der zog es vor, Provinzlöwe zu bleiben und mit folgenloser EU-Kritik zu Hause billigen Beifall einzuheimsen. Sein politisches Altenteil wird er in Brüssel verbringen: als Barrosos Untergebener.


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