© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/07 05. Oktober 2007

"Keine formellen Kontakte mit der NPD"
Interview: Der EU-Abgeordnete Philip Claeys vom Vlaams Belang über die Zusammenarbeit der europäischen Rechtsparteien
Irmhild Boßdorf

Herr Claeys, seit Anfang diesen Jahres gibt es im Europaparlament die neue rechtsdemokratische Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität" (ITS) mit inzwischen 23 Mitgliedern. Neben Ihrem Vlaams Belang sind dort bislang der französische Front National, die "Großrumänien"-Partei PRM, die Koalition Ataka aus Bulgarien, die FPÖ, die Parteien Fiamma Tricolore und Alternativa Soziale aus Italien sowie zwei parteiunabhängige Europaparlamentarier aus Rumänien und Großbritannien vertreten. Bei der kommunistischen Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken und der Europafraktion der Grünen gibt es Überlegungen, bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 mit EU-weiten Listen anzutreten. Gibt es auch Pläne für eine Listenverbindung der europäischen Rechtsparteien?

Claeys: Es wird keine rechte pan-europäische Liste geben, denn für die ITS muß Europa ein Bund souveräner Nationalstaaten sein. Übergreifende Listen passen daher nicht in diese Logik. Es gibt in euro-föderalistischen Kreisen zwar Pläne, einen Teil des Europäischen Parlament über "europäische" Listen wählen zu lassen - aber das ist sicher nicht die Absicht der ITS.

Bei der Versammlung der ITS-Fraktion am 25. September waren aus Deutschland nicht nur die Republikaner, die DVU, Pro Köln/Pro NRW und weitere rechtskonservative Aktivisten anwesend, sondern auch die NPD. Sehen Sie in einer möglichen Zusammenarbeit mit der NPD kein Problem?

Claeys: Vlaams Belang hat keine formellen Kontakte mit der NPD. Es gibt zudem bedeutende Unterschiede zwischen den beiden Parteien. Vlaams Belang vertritt zwar deutlich rechte Standpunkte, ist aber eine breite Volkspartei, die Menschen aus allen sozialen und beruflichen Milieus anspricht. Das sieht man auch am Wahlergebnis: Bei den Parlamentswahlen in diesem Jahr hatten wir 19 Prozent, bei den Wahlen zum flämischen und zum Europaparlament 24 Prozent der Stimmen.

Ein erster Versuch, die NPD in Deutschland zu verbieten, ist vor allem wegen der vielen "Quellen" des Verfassungsschutzes in der Partei gescheitert. Hat der Vlaams Belang nicht ähnliche Probleme?

Claeys: Vlaams Belang wird dort, wo er für einen unabhängigen flämischen Staat eintritt, durch die Belgische Staatssicherheit beobachtet. Das birgt aber nicht solche internen Probleme wie bei der NPD. Wir haben keine Schwierigkeiten mit Agenten, vor allem nicht mit solchen, die politischen Einfluß auf die Partei hätten.

In Deutschland gilt die NPD als antidemokratische und antisemitische Partei, einige ihrer Mitglieder stehen sogar im Verdacht, den Holocaust zu leugnen. Was sagen Sie dazu?

Claeys: Solange eine Partei auf friedliche Weise im Rahmen der demokratischen Rechtsordnung tätig ist, darf sie nicht verboten werden, egal, was man im einzelnen über die Standpunkte dieser Partei auch denkt. Vlaams Belang hat aber auf jeden Fall nichts mit der Leugnung des Holocaust zu tun. Unsere Partei verteidigt unzweifelhaft den demokratischen Rechtsstaat und hat zudem gute Kontakte zur jüdischen Gemeinschaft in Antwerpen.

Wird der nun bekanntgewordene Kontakt von Vlaams Belang mit der NPD die schwierige Situation Ihrer Partei in Belgien, wo es bekanntlich einen Boykott der anderen Parteien ("cordon sanitaire") gegenüber ihr gibt, nicht negativ beeinflussen?

Claeys: Nein. Und es war übrigens kein offizieller, bilateraler Kontakt. Bei dieser Begegnung in Straßburg ging es um folgendes: Auf Initiative des FPÖ-Europaparlamentariers Andreas Mölzer sollte ein Gespräch mit allen deutschen rechtsnationalen Parteien stattfinden. Denn die ITS-Fraktion würde nach den kommenden Europawahlen gerne über eine deutsche Komponente verfügen. Die ITS-Fraktion hat nicht den Anspruch, Schiedsrichter zwischen den Parteien zu sein oder gar mögliche Entscheidungen selbst in die Hand zu nehmen. Die ITS-Fraktion will sich auch wirklich nicht in diesen möglichen Prozeß einmischen.    

 

Philip Claeys wurde 1965 in Gent/Ostflandern geboren. Von 1995 bis 2003 war er Sekretär der Vlaams-Blok-Fraktion im flämischen Parlament. Seit 2003 ist er Mitglied des Europaparlaments und seit 2007 Vizevorsitzender der ITS-Fraktion. Er ist Chefredakteur der Parteizeitung "Vlaams Belang Magazine".

 

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