© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Bürgermeister bleibt standhaft
Mügeln: Scharfe Kritik an Deuse nach JF-Interview / Rücktritt abgelehnt / Staatsanwaltschaft schließt Hetzjagd auf Inder aus
Ekkehard Schultz

Der Bürgermeister der sächsischen Stadt Mügeln, Gotthard Deuse, bleibt im Amt. Zuvor hatte der FDP-Politiker, der aufgrund seiner Äußerungen in der JUNGEN FREIHEIT (JF 36/07) zu der angeblichen Hetzjagd auf acht Inder heftig kritisiert worden war, einen Rücktritt mehrfach ausgeschlossen. Auch seine Partei rückte von entsprechenden Forderungen ab. Unterdessen stützen neue Ermittlungsergebnisse der Polizei Deuses Äußerungen.

Gegenüber der JF hatte der Bürgermeister mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande eines Stadtfestes in Mügeln, bei denen acht Inder sowie vier Deutsche, darunter zwei Polizisten, verletzt worden waren, unter anderem die Vorverurteilung seiner Stadt durch die Medien kritisiert und angezweifelt, daß die Auseinandersetzungen einen rechtsextremistischen Hintergrund hatten.

Für sein Bekenntnis, er sei stolz, ein Deutscher zu sein, war Deuse scharf angegriffen  worden. Harsche Kritik wurde insbesondere von Politikern der SPD, der Grünen und der Linkspartei geäußert.

So warnte der für den Aufbau Ost zuständige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), durch etliche Äußerungen Deuses entstehe der Verdacht, daß eine "Verharmlosung des Falls" betrieben werde. Sein Parteikollege, der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy, forderte den Bürgermeister in der Mitteldeutschen Zeitung auf, "unverzüglich von seinem Amt zurückzutreten".

In die gleiche Kerbe schlug auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Sächsischen Landtag, Antje Hermenau, die Deuse im Interview ebenso wie Tiefensee wegen ihrer schnellen Festlegung der Ausschreitungen auf eine "rassistische Gewalttat" kritisiert hatte.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, forderte gleichfalls den Rücktritt des sächsischen Kommunalpolitikers. "Der Bürgermeister von Mügeln muß weg", sagte Künast, da er mit seinen Äußerungen eine "unverantwortliche Verharmlosung und faktisch eine Unterstützung von Hatz und Fremdenfeindlichkeit" betrieben habe.

In Deuses eigener Partei, der FDP, war dagegen das Spektrum der Meinungen ambivalenter. Zwar gab es dort auch Stimmen wie die des niedersächsischen FDP-Fraktionsvorsitzenden Philipp Rösler, der Deuses Äußerungen "erschreckend" nannte und  eine Aussprache zur Präsidiumssitzung forderte. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte Deuse gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Sachsens FDP-Generalsekretär Torsten Herbst stellte sich dagegen ausdrücklich hinter den Mügelner Bürgermeister. Ein Rücktritt Deuses stehe aus seiner Sicht "überhaupt nicht zur Debatte", die sächsische FDP stehe vielmehr "voll hinter Mügelns Bürgermeister". Herbst kritisierte die verkürzte Wiedergabe von Äußerungen seines Parteifreundes in den Medien: "Es wurden Dinge aus dem Zusammenhang gerissen, und das Interview wurde verkürzt wiedergegeben. Wer den gesamten Text liest, hat keinen Zweifel, daß Herr Deuse jede Form von Ausländerfeindlichkeit verabscheut."

Der parteilose sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche stellte sich unterdessen hinter Deuse. "Ich war selbst einmal Bürgermeister, und Herr Deuse hat das einzig richtige getan", sagte Nitzsche. "Wenn sämtliche Medien und chronisch betroffene Politiker eine Hetzjagd gegen eine gesamte Kleinstadt veranstalten, gibt es für den Bürgermeister nichts anderes, als sich schützend vor die Bürger seiner Stadt zu stellen."  Scharf kritisierte Nitzsche den Bundesverkehrsminister. Tiefensee habe eine ganze Region verurteilt, ohne die polizeilichen Ermittlungsergebnisse abzuwarten.

Jenseits dieser Debatten teilte am Freitag vergangener Woche die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Leipzig mit, daß wegen der Prügeleien am Rande des Mügelner Stadtfestes am Abend des 19. August gegen zwölf Verdächtige - allesamt Männer im Alter zwischen 17 und 35 Jahren - Verfahren eingeleitet worden seien. Fremdenfeindliche Motive hätten zwar bei der Gewalteskalation eine wichtige Rolle gespielt, Indizien für eine organisierte rechtsradikale Tat gebe es aber nicht. Nach den bislang vorliegenden Unterlagen sei keiner der Verdächtigen zuvor wegen rechtsextremer Straftaten aufgefallen. Der Vorfall werde zudem nicht als Hetzjagd bewertet. Es gebe keine Anhaltspunkte, daß vom Festzelt des Stadtfestes bis zur schräg gegenüberliegenden Pizzeria eine solche Jagd stattgefunden habe.


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