© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Aufgeschnappt
Aachen gerettet
Matthias Bäkermann

Einige kritische Aachener störten sich vor einigen Jahren an den aus ihrer Sicht NS-belasteten Namen "Carl-Diem-Straße" und "Graf-von-Schwerin-Straße". 2006 setzte der Rat der Stadt deshalb eine wissenschaftliche Kommission an der örtlichen Technischen Hochschule ein. Diese sollte das Aachener Straßenverzeichnis auf Namensgebungen hinsichtlich Personen überprüfen, die "im Sinne der Naziherrschaft gehandelt, das System durch ihr Handeln unterstützt oder gefördert haben". Beim Sportfunktionär Diem, Urheber des olympischen Fackellaufs bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936, war man sich schnell sicher, daß er zwar Verdienste um die Entwicklung des Sports habe, andererseits aber "im Sinne der Naziherrschaft gehandelt" habe.

Gerhard Graf von Schwerin hingegen galt als "Retter von Aachen", weil er 1944 als Abschnittskommandeur eine Schlacht um die Stadt vermied, indem er ihre Evakuierung unterbrach und die alliierten Truppen einziehen ließ. Deshalb benannte man 1963 eine Ausfallstraße nach Schwerin. Den jüngst erhobenen Vorwurf, er habe die Hinrichtung zweier 14jähriger angeblicher Plünderer zu verantworten, konnte die Historikerkommission entkräften. Allerdings deuteten die Untersuchungen darauf hin, daß die Zurücknahme der Front "aus militärischen Erwägungen" erfolgte. Bei der Ratsabstimmung Ende August - Carl Diem fiel einstimmig durch - belastete die SPD-Fraktion nun den General damit, daß er sich ungerechtfertigt habe "als Retter feiern lassen". Das fand - bis auf drei CDU-Abgeordnete - auch eine große Ratsmehrheit plausibel und stimmte für die Umbenennung der "Graf-Schwerin-Straße".


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