© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Die Front bröckelt
von Günther Deschner

Den Irak, diesen von Anfang an mißratenen Wechselbalg des Kolonialismus, hatten britische Politiker 1921 als Interessenprodukt des Empire gegründet. Die strategisch wichtige Hafenstadt Basra war ein bedeutender Stützpunkt der britischen Weltmachtposition. Mit 46.000 Soldaten waren die Briten im März 2003 abermals in den Irak gekommen. Jetzt haben sie ihr Hauptquartier in Basra geräumt - bei Nacht und Nebel und unter dem Schutz einer totalen Ausgangssperre.

Sicher stimmt, was London sagt: Der Rückzug aus Basra war nicht überstürzt, sondern ist Teil eines größeren Ausstiegsszenarios. Aber jeder in der Region hat gesehen, daß die Briten nicht als Sieger vom Platz gingen. In den letzten Monaten lagen sie unter ständigem Raketen- und Werferbeschuß durch auch untereinander konkurrierende schiitische Milizen, denen sie Basra überlassen hatten.

Die Briten hinterlassen dort ein politisches Chaos. Weder funktionieren staatliche Institutionen, noch gibt es Sicherheit für die Bürger der Zwei-Millionen-Stadt. Dieses Scheitern können auch die Vorwürfe hoher britischer Militärs an die amerikanische Adresse nicht bemänteln, so berechtigt sie auch sein mögen. Die wechselseitigen Attacken der Verbündeten sind vielmehr ein Zeichen dafür, daß die anglo-amerikanische Waffenbrüderschaft im Irak bröckelt und daß die besondere Beziehung zwischen London und Washington der Erosion anheimgegeben ist.


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