© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/07 31. August 2007

Anetta Kahane
Die Zuträgerin
von Thorsten Hinz

Anetta Kahane hat den vorwegnehmenden Durchblick. Noch bevor die Fakten auf dem Tisch liegen, weiß sie sie zu deuten. Die Leiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung ist deshalb, wann immer "im Osten" eine echte oder vermeintliche rechtsextremistische Straftat geschieht, die bevorzugte Ansprechpartnerin der Medien. Und Kahane enttäuscht sie nie. Ihre Reden sind ressentimentgeladen, die Erklärungsmuster eindimensional, ihre Forderungen maßlos. Als sie vor einigen Jahren verlangte, den "Kampf gegen Rechts" mit einem "Milliardenetat" auszustatten, verschlug das sogar der rot-grünen Bundesregierung die Sprache.

Im Potsdamer Fall des Ermyas Mulugeta im April 2006 wußte sie sofort, daß die Schlägerei auf den Rassismus, die Fremden- und die Demokratiefeindlichkeit "der Ostdeutschen" zurückgehe. Das gleiche äußert sie jetzt über das sächsische Mügeln. Weil sie aus der DDR stammt, unterstellt man ihr eine besondere Kompetenz. Tatsächlich aber zählt sie zu den mediokren Naturen, die der Westen als berufene Sprecher und Repräsentanten der Mitteldeutschen hätschelt, weil von ihnen kaum geistige Eigenständigkeit zu erwarten ist. Sie personifizieren die Artikula- tions- und Demokratiedefizite der Ex-DDR, die sie lauthals beklagen.

Anetta Kahane wurde 1954 in Ost-Berlin geboren. Ihr Vater Max Leon Kahane gehörte zur SED-Nomenklatura, war Auslandskorrespondent in Indien und Brasilien und Chefkommentator wichtiger DDR-Zeitungen. In den achtziger Jahren kam es zum Bruch mit dem Elternhaus. Kahane behauptet, aus politischen Gründen. Ihr manichäisches Weltbild blieb aber intakt, die SED-Ideologie hat sie inzwischen durch einen politisch korrekten Humanitarismus ersetzt.

Kahane hat Lateinamerikanistik studiert und als Übersetzerin gearbeitet. In der Wendezeit 1989/90 erkannte sie ihre Chance und avancierte zur ersten Ausländerbeauftragten Ost-Berlins. Danach streifte sie im Dschungel der politischen Projektarbeit umher. In die geplante Ernennung zur Berliner Ausländerbeauftragen durch den rot-roten Senat platzten 2003 brisante Stasi-Enthüllungen. Acht Jahre lang hatte Kahane als "IM Victoria" Kommilitonen bespitzelt. Gegenleistungen habe sie keine erhalten, versicherte sie. Immerhin durfte sie ihr Studium im "nichtsozialistischen Ausland" verbringen - für über 99 Prozent der DDR-Studenten ein unerreichbares Privileg.

Jedem anderen hätte ein Stasi-Skandal dieses Ausmaßes den Hals gebrochen. Kahane, die sich ihrem jüdischen Glauben zugewandt hat, interpretiert ihre Spitzeleien als Zeichen der "Schwierigkeit ..., einen Ort im Täterland zu finden". Die Leitung der von ihr 1998 gegründeten, äußerst rührigen "anti-rechten" Amadeu-Antonio-Stiftung darf sie seither hauptberuflich betreiben und wird dafür als "Victoria"- pardon: "Iphigenie in der Uckermark" (Micha Brumlik) gefeiert. Für viele Medien ist Anetta Kahane heute das, was sie früher für die Staatssicherheit war: eine Zuträgerin.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen