© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/07 31. August 2007

Mißtrauen ist geboten
von Bruno Bandulet

Mit perfektem Timing hat der Hamburger Spiegel am Tag des China-Besuches von Angela Merkel mit einer langen Geschichte über die "gelben Spione" aufgemacht. Daß die Chinesen systematisch deutsche Unternehmen ausspähen, ist nicht neu. Daß sie auch die Rechner der Bundesregierung attackiert haben sollen, wäre tatsächlich eine kleine Sensation - wenn es stimmt.

Nur wirkt es etwas naiv, wenn man sich darüber entrüstet, daß die chinesischen Geheimdienste ausgerechnet gegen den deutschen "Partner" und den "angeblichen Freund" vorgehen. Das tun die anderen Großmächte auch. Auch Amerikaner und Russen betreiben Wirtschaftsspionage in Deutschland. Dem amerikanischen Geheimdienst NSA untersteht sogar eine Abhörstation auf deutschem Boden. Und nicht nur das: Die amerikanischen Dienste sind verpflichtet, ihre Erkenntnisse aus der Wirtschaftsspionage an interessierte US-Unternehmen weiterzuleiten, während dem BND eine derartige Praxis untersagt ist. Vielleicht sollte man sich auch einmal mit der Frage befassen, wer im August 2005 aus dem Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder stoßweise Blaupausen und Akten entwendet hat.

Mißtrauen gegenüber chinesischer Neugierde ist dringend geboten. Noch wichtiger wäre es, daß in Deutschland generell das Bewußtsein dafür wächst, daß jegliche Wirtschaftsspionage enormen Schaden anrichtet, daß sie Arbeitsplätze kostet und daß die Integrität der deutschen Volkswirtschaft geschützt werden muß. Staaten haben keine Freunde, sie haben Interessen.


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