© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/07 24. August 2007

Schleichende Aufweichung
Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft: Opposition und SPD fordern Gleichstellung mit der Ehe / Die Union hält noch dagegen
Anni Mursula

Seit über sechs Jahre schon können gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland ihre Partnerschaft offiziell eintragen lassen. Doch obwohl die "Lebenspartnerschaft" der Ehe beinahe gleichgestellt ist, fordern Grüne, FDP und Linkspartei eine Erweiterung des bereits bestehenden Gesetzes. Damit soll die Lebenspartnerschaft zur homosexuellen Ehe ohne jegliche Beschränkungen umgewandelt werden. Deutschland soll dem EU-Trend folgen: Gleichgeschlechtliche Zivilehen gibt es bereits in den Niederlanden, Belgien, Dänemark und Spanien.

Im November 2000 wurde das "Lebenspartnerschaftsgesetz" mit den Stimmen von SPD und Grünen gegen die damalige Opposition aus Union und FDP beschlossen. Das Gesetz, das homosexuelle Partnerschaften zum ersten Mal deutschlandweit rechtlich anerkannte, trat am 1. August 2001 in Kraft. Seitdem sind Lebenspartnerschaften der Ehe nahezu gleichgestellt - nur in Sachen Adoptions-, Beamten- und Steuerrecht bestehen weiterhin Unterschiede.

Somit können gleichgeschlechtliche Partner zum Beispiel einen gemeinsamen Familiennamen tragen. Überdies sind die Partner zur gemeinsamen Lebensführung und gegenseitigem Unterhalt verpflichtet. Ebenso hat der Lebenspartner das sogenannte Kleine Sorgerecht für die Kinder des Partners. Auch die "Scheidung" einer Lebenspartnerschaft unterliegt denselben Regelungen, wie sie für eine Ehe gelten. Erbrechtlich werden Partner bei den Pflichtteilen als Ehegatten behandelt, allerdings nicht bei der Erbschaftsteuer.

Die gesetzliche Initiative zur Lebenspartnerschaft geht zurück auf das langjährige Engagement des Parlamentarischen Geschäftsführers von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, das 2000 schließlich zum Erfolg führte. Damals stieß die Initiative allerdings noch in der Union auf großen Widerstand. Unterstützung bekamen die Christdemokraten von der katholischen Kirche: Sogar Papst Johannes Paul II. schaltete sich ein und forderte alle katholischen Parlamentarier auf, gegen das Gesetz zu kämpfen. Bei den evangelischen Bischöfen dagegen stieß die Lebenspartnerschaft fast einhellig auf Zustimmung. In ihrem Grundsatzpapier "Verantwortung und Verläßlichkeit stärken" legten sie fest, daß standesamtliche Partnerschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren keine sündhaften Beziehungen darstellen, sondern zu unterstützen seien.

Obwohl das Gesetz letztendlich zustande kam, konnte die Union doch einen kleinen Erfolg erzielen. Die ursprüngliche Initiative hätte die Lebenspartnerschaft mit der Ehe vollkommen gleichgestellt. Doch wegen des Widerstandes der CDU/CSU-regierten Länder im Bundesrat wurde das ursprüngliche Gesetz in zwei Teile aufgespalten, von denen einer der Zustimmung des Bundesrates nicht bedurfte und somit durchgesetzt werden konnte. Der andere Teil (Steuer- und Beamtenrecht) hätte vom Bundesrat akzeptiert werden müssen, erhielt dort aber keine Zustimmung.

Damit wollte sich die rot-grüne Koalition nicht abfinden, sondern kündigte ein Ergänzungsgesetz bis 2006 an. Dieses hätte den vom Bundesrat zustimmungspflichtigen Teil tangiert und - wenn in Kraft getreten - die vollkommene Homoehe in Deutschland zugelassen. Durch die vorgezogenen Neuwahlen im September 2005 wurde das Vorhaben jedoch nicht mehr realisiert.

Unter der Großen Koalition sind bereits drei Änderungsinitiativen für die Lebenspartnerschaft von den Oppositionsparteien eingereicht worden. Im Juli lehnte die Union diese Initiativen jedoch ab. Dennoch kündigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) an, trotz des Widerstandes des Koalitionspartners weiter an einer rechtlichen Gleichstellung zu arbeiten.

Obwohl die Union bislang entschieden gegen die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe ist, hat auch sie ihre ursprüngliche Position deutlich aufgeweicht: Im Entwurf ihres neuen Grundsatzprogramms von Juli 2007 erkennt die CDU an, daß auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften "Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind".

Doch solange die Union zumindest ansatzweise noch dagegenhält, können auch die hiesigen Richter nicht anders urteilen: Vergangene Woche entschied der Bundesfinanzhof gegen die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Sachen Erbschaftsteuer. Den Richtern zufolge verletze die unterschiedliche Behandlung nicht das im Grundgesetz verankerte Gleichheitsgebot. Die Grünen laufen nun dagegen Sturm: "Der Gesetzgeber kann nicht vom Bürger einerseits verlangen, nicht aufgrund der sexuellen Identität zu diskriminieren, und anderseits selbst homosexuelle Partnerschaften per Gesetz weiter benachteiligen", kritisierte Volker Beck.


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