© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

WIRTSCHAFT
Eine Alibi-Veranstaltung
Wilhelm Hankel

Die derzeitige US-Immobilienkrise, trotz der globalen Bedeutung des amerikanischen Finanzsystem eher eine "lokale" Veranstaltung, wird nun zum akuten Bedrohungsszenario der weltweiten Finanzmarktstabilität: Börseneinbrüche von New York über Tokio bis Frankfurt und London, milliardenschwere Zentralbankinterventionen von Fed, EZB oder BOJ jagen einander, Gerüchte um notleidende Hedgefonds und als solide geltende Banken (siehe nebenstehenden Artikel) machen die Runde. Droht im finanziell ohnehin gern verregneten Monat August ein "Schwarzer Freitag" wie der 25. Oktober 1929? In den USA wurden zu viele Häuser gebaut - mehr noch als in Spanien oder Deutschland nach der Wiedervereinigung. Aber sie wurden anders als in Europa mit "faulen" (unterdeckten, zins-variablen) Hypotheken finanziert. Jetzt fürchten nicht nur verzockte US-Banken den Konkurs und verschreckte Häuslebauer den Ruin. Beides schlimm genug, doch ist es ein Grund dafür, daß gleich das Weltfinanzsystem zusammenbricht?

Das lokale Problem des US-Wohnungsmarktes verschafft jenen globalen Kredithaien und -hyänen, die sich an ganz anderen Geschäften mästen, das perfekte Alibi dafür, daß der für sie notwendige Nachschub an billigem Geld gesichert bleibt. Sein Ausbleiben wäre für sie die Katastrophe. Doch jetzt ist die Gefahr eines Kredit-"Crunch" gebannt. Die hochgeputschte Krise am US-Häusermarkt zwingt die Zentralbanken, den tröpfelnden Kredithahn offenzuhalten. Doch nicht die Fortsetzung der Inflationspolitik stabilisiert das weltweite Finanzsystem. Dafür bedarf es eines geordneten Welt-Finanzmarktes und nationaler Arbeitsmärkte, die in den von der Immobilienkrise bedrohten Länder neue und zusätzliche Einkommen schaffen.


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