© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Meldungen

Rückblick auf Frauen, Fluten, Männerkörper

GÖTTINGEN. 200.000 Exemplare eines zweibändigen "Sachbuches" wie Klaus Theweleits "Männerphantasien" (1977/78) zu verkaufen: auf der Harry-Potter-Skala dürfte dies zwei Millionen Schmöker entsprechen. Der Freiburger Germanist Theweleit habe mit seinem "Erfolgsbuch der 70er Jahre" über "Frauen, Fluten, Körper, Geschichte" vor allem deshalb reüssieren können, weil er im "deutschen Herbst" 1977 das Zentrum linken Zeitgeistes bediente. Historisch, als Beitrag zur Faschismus- und NS-Forschung, so der Konstanzer Historiker Sven Reichardt (Zeithistorische Forschung, 3/2006), könne diese Analyse der Freikorps-Literatur keine Lorbeeren ernten. Dazu sei sie zu "zeit- und ortlos". Aber die "68er-Szene" habe Theweleits psychosoziale Konstruktionen über die "nicht-zu-Ende-geborenen", in ihren "Körperpanzer" gebannten, "Ich-Auflösung" fürchtenden "deutschen Männer" als Offenbarung begrüßt. Seine "Körpergeschichte" gab der "hochaktuellen Geschlechterdiskussion" wie der "zentralen Denkfigur der 68er Studentenbewegung", wonach "Politik und Sexualität" zusammengehören, Nahrung und spornte dazu noch den linken Leser an, sich von "naziverbundenen Elternkörpern loszureißen". Insoweit sei das Werk selbst ein Stück bundesdeutscher Ideologiegeschichte, dem aus historiographischer Sicht nur das Verdienst zukomme, den Durchbruch zur innovativen Mentalitäts- und Frauengeschichte vorbereitet zu haben.

 

Klimawandel an Nord- und Ostsee

HAMBURG. Dem Hamburger Abendblatt war es im April eine längere Meldung wert, daß sich in Deutschland ein "Ansturm auf Biofisch" abzeichne. Der Marktführer "Deutsche See" freue sich über eine "Verzehnfachung des Absatzes". Dabei handelt es sich aber nicht etwa um Fische aus Wildfang, sondern vornehmlich um Lachse und Forellen aus Zuchtfarmen, die unter dem Etikett "ökologische Aquakultur" ihre Produkte anbieten. Trotz der Versicherung "artgerechter Nahrungsaufnahme" und Haltung kann es das karotinrote Fleisch des im Supermarkt feilgebotenen Zuchtlachses jedoch in keiner Hinsicht mit dem Wildlachs aufnehmen. Insoweit verbirgt sich hinter dem Absatzerfolg nicht nur ein tief gesunkenes Qualitätsempfinden auf Konsumentenseite. Der Vormarsch des Zuchtfisches ist auch Indiz für die zur Neige gehenden natürlichen Ressourcen in Ost- und Nordsee, denen die EU seit Jahren mit Fangquotierungen und Verboten aufhelfen möchte (JF 29/07). Daß am Ende trotzdem der Zuchtfisch triumphiert, legt eine Studie des "Marine Board" der "European Science Foundation" nahe, in dem 23 Meeresforschungsorganisationen zusammengeschlossen sind. Eine Arbeitsgruppe des "Boards" hat sich seit 2005 mit Auswirkungen des Klimawandels in den Küstengebieten Europas befaßt (Fischerblatt, 5/07). Danach ist eine Erwärmung von Nord- und Ostsee seit etwa 1985 nicht mehr zu bezweifeln. Sollte in der Nordsee die Wassertemperatur weiter ansteigen, "wäre jeder Versuch, die früheren Fischereierträge trotz geringerer Bestände aufrechtzuerhalten, kontraproduktiv". Nicht besser sieht es in der Ostsee aus: periodische Blaualgenblüten werden zu "wüstenähnlichen Verhältnissen am Boden der tiefen Becken" führen, "wo zum Beispiel Kabeljau-Eier kaum Überlebenschancen haben".

 

Erste Sätze

An einem Frühlingsabend des Jahres 1859 sagte ich als elfjähriger Knabe am Gittertor des Kadettenhauses zu Wahlstatt in Schlesien meinem Vater Lebewohl.

Paul von Beneckendorff und von Hindenburg: Aus meinem Leben, Leipzig, 1919


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen