© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

CD: Hardrock
Alte Eisen
Jörg Fischer

Seit 42 Jahren gibt es nun schon die Hannoveraner Hardrock-Band Scorpions um Gitarrist Rudolf Schenker (58), seit 38 Jahren ist Klaus Meine (59) ihr Sänger. Ihre Mitspieler wechselten häufig, nur Gitarrist Matthias Jabs ist immerhin auch schon seit bald drei Jahrzehnten dabei. Kürzlich erschien ihr 16. Studioalbum "Humanity - Hour I" (Ariola/Sony-BMG), und es gehört zu den besseren ihrer Karriere.

Schon mit der Vorgängerplatte "Unbreakable" (2004) hatten die Endfünfziger mit den beiden jüngeren Kollegen Paweł Mąciwoda und James Kottak ihren furchtbaren 1999er Pop-Ausrutscher "Eye II Eye" vergessen gemacht. Das neueste Scorpions-Werk kommt natürlich nicht an die seligen Hardrock-Klassiker mit dem Gitarristen Uli Jon Roth aus den siebziger Jahren heran. Auch das Ohrwurmpotential von "Lovedrive" (1979, mit Rudolfs Bruder Michael) oder "Love At First Sting" (1984, mit der Mega-Erfolgsballade "Still Loving You") fehlt. Würden die zwölf Titel öfter mal die Fünf-Minuten-Grenze sprengen und so den Gitarren mehr Raum zur Entfaltung geben, wäre "Humanity" die beste Scorpions-Platte seit dem Millionen-Erfolg "Crazy World" von 1990.

Nicht ganz so lange im Musikgeschäft ist der Engländer Robert John Arthur Halford (55), der von 1973 bis 1991 bei dem Metal-Quintett Judas Priest am Mikro stand. Vor drei Jahren kehrte er wieder zurück und veröffentlichte mit ihnen 2005 das Album "Angel of Retribution", das an alte Priest-Zeiten anknüpft (JF 20/05).

Wer wissen will, was Rob Halford in den Jahren dazwischen musikalisch zustande gebracht hat, sollte sich die "Metal God Essentials Vol. 1" (Frontiers Records) zu Gemüte führen. Das Doppelalbum enthält 14 Stücke mit seinen Bands Fight bzw. Halford sowie zwei bislang unveröffentlichte Titel von 2006. Als Bonus gibt es eine 40minütige DVD mit sechs Halford-Videos und einem Blick hinter die Kulissen seines Heavy-Metal-Zirkus.

1988 erschien die erste Platte der US-Hardrocker Lillian Axe. Mit ihrem vierten Album "Poetic Justice" enterte das Quintett aus New Orleans 1992 sogar die US-"Billboard Album Charts". Trotzdem wollte sich der ganz große Durchbruch nicht einstellen - und so trennten sich die Wege. Doch dann fragten zwei Plattenfirmen aus Europa und Japan an, ob sie alte Lillian-Axe-Aufnahmen auf CD herausbringen dürften. 1999 erschien daher "Fields of Yesterday", und ein Jahr später war Lillian Axe plötzlich wieder auf Tour im Land der aufgehenden Sonne. Wegen des dortigen Erfolgs wurde dann 2002 in Houston eine Live-Doppel-CD aufgenommen.

Kürzlich erschien nun von Lillian Axe die erste neue Studioplatte seit 14 Jahren. Von der Gründungsbesetzung ist auf "Waters Rising" (Locomotive Records) zwar nur noch Gitarrist Steve Blaze dabei, doch der hat zusammen mit Sam Poitevent glücklicherweise mehr Freiheiten als das Scorpions-Duo Schenker/Jabs. Dabei ist die Platte im Gegensatz zu "Humanity" insgesamt ruhiger und balladesker. Das metallische Titelstück am Anfang ist eher eine Ausnahme - daher sollten auch Freunde von Bon Jovi & Co. bei Lillian Axe mal reinhören. Die Stimme des neuen Sängers Derrick LeFevre ist keineswegs schlechter als die des Multimillionärs aus New Jersey.

Ein anderer Großverdiener hat kürzlich wieder mal nur Durchschnittsware abgeliefert. "Black Rain" (Epic/Sony-BMG), das erste neue Album von Ozzy Osbourne seit sechs Jahren, enttäuscht auf ganzer Linie. Der 58jährige Ozzy quält sich durch zehn belanglos-kurze Stücke, bei denen auch sein Gitarrist Zakk Wylde nur selten zu Hochform aufläuft. Meisterwerke wie "Blizzard of Ozz", "Diary of a Madman" oder "No More Tears" lassen sich natürlich nicht beliebig oft wiederholen - aber "Black Rain" brauchen sich wirklich nur Komplettisten zu kaufen.


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