© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Mehr Rendite fürs Volk
Wirtschaftspolitik: Die Regierung will Gewinn- oder Kapitalbeteiligungen fördern - mit zweifelhaften Mitteln
Michael Weis

Kurz vor der politischen Sommerpause kam er wieder auf der politischen Agenda: der Dauerbrenner Mitarbeiterbeteiligung. Hatten sich Gewerkschafts- und Politikkreise in den Anfängen der Bundesrepublik noch mehrheitlich für "innerbetriebliche Mitbestimmung" und gegen die risikoreichere Beteiligung am Produktivvermögen oder den Gewinnen ausgesprochen, so ist es nun en vogue Gewinn- oder Kapitalbeteiligungen zu fordern.

Beide Beteiligungsformen sind dabei klar zu unterscheiden. Bei ersterer wird der Arbeitnehmer dadurch an seinem Betrieb beteiligt, daß er im Falle wirtschaftlicher Erfolge finanzielle Vergütungen erhält. Bei der Kapitalbeteiligung hingegen ist der investierende Arbeitnehmer tatsächlicher Teilhaber des Unternehmens und wird nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust beteiligt. Das heißt, er kann sein eingebrachtes Kapital verlieren.

Für die Firmen enthalten nahezu alle Formen der Mitarbeiterbeteiligung Vorteile. Zum Beispiel schaffen Gewinnbeteiligungen Anreize für höhere Leistungen ihrer Arbeitnehmer. Ferner werden Betriebe mit Beteiligungsmöglichkeiten für besonders qualifizierte Mitarbeiter attraktiver, da diese am Erfolg ihrer guten Arbeit direkt partizipieren können. Außerdem bietet sich gerade für Mittelständler die Chance, über Kapitalbeteiligungen eine stärkere Eigenkapitaldecke aufzubauen.

Um nunmehr die über Mitarbeiterbeteiligungen möglichen Vorteile für die Wirtschaft stärker nutzbar zu machen, legten sowohl SPD als auch die Unionsparteien unlängst Konzepte zur Förderung der Beteiligungen vor. Die Union spricht sich in ihrem Konzept "Betriebliche Bündnisse für Soziale Kapitalpartnerschaften" dafür aus, Arbeitnehmern mit einem Jahreseinkommen von unter 47.700 Euro die Investition in ihren Arbeitgeber über Anreize näher zu bringen.

Bei einer Beteiligung an ihrem Unternehmen von jährlich maximal 500 Euro sollen sie Freibeträge bei Steuer und Sozialversicherung erhalten. Demgegenüber schlägt die SPD einen "Deutschlandfond" vor, bei dem die Arbeitnehmer ihr Geld in einen vom Staat gegen Kapitalverlust abgesicherten Fond einzahlen. Aus diesem werden dann Finanzmittel als "Quasi-Eigenkapital" an die Unternehmen weitergegeben. In beiden Fällen zahlen die Unternehmen sowohl jährlich als auch bei Auszahlung der Anlage eine entsprechende Rendite. Der wichtigste Unterschied der Modelle: Bei der Union soll die Beteiligung beim Unternehmen direkt und ohne größere Absicherung erfolgen, bei der SPD ist die Beteiligung indirekt und größtenteils gegen Verlust geschützt.

So richtig der grundsätzliche Ansatz auch sein mag, Mitarbeiterbeteiligungen staatlich zu fördern, so haben doch beide Konzepte ein typisch deutsches Problem. Sie setzen auf eine starke direkte Intervention des Staates und haben zum Ziel, bei den Unternehmen vermutetes Kapital mittels Renditen an die Arbeitnehmer umzuverteilen. Das SPD-Modell baut dazu auf einen in hohem Maße staatlich gesteuerten Fond, der Beschäftigungs- und Anlagerisiken minimieren soll. Dieser dürfte jedoch nicht in der Lage sein, den Konflikt zwischen der Quasi-Zweckbindung und einer aktiven Portfoliosteuerung zu lösen. Der CDU/CSU-Ansatz hingegen läßt nur scheinbar eine Wahlfreiheit, zwingt er doch die Arbeitnehmer vornehmlich ins eigene Unternehmen zu investieren. Tun sie es nicht, verlieren sie steuerliche Vorteile. Die Folge ist eine Verzerrung des Anlageverhaltens und ein unkritisches Investitionsverhalten.

Über dies wird oft vergessen: Arbeitnehmer können bereits heute am Produktivvermögen teilhaben. Sie brauchen nichts weiter zu tun, als Aktien, Aktienfonds oder -zertifikate zu kaufen. Das dabei entstehende Risiko ist fast nach Belieben streu- und steuerbar - wenn man nicht alles auf "seine" Firma setzten will. Allerdings: die meisten deutschen Firmen sind eben keine börsennotierten Aktiengesellschaften - was dies vor "feindlichen Übernahmen" schützt.

Betrachtet man darüber hinaus den Anteil der Mitarbeiterbeteiligungen im internationalen Vergleich, so liegt die Bundesrepublik zwar tatsächlich nur im Mittelfeld, doch bieten bereits fast alle Dax-Unternehmen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme an. Lediglich bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sind finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten noch die Ausnahme und müssen mittels Umdenken der Geschäftsführungen und durch allgemeine steuerliche Anlagevergünstigungen eingeführt werden.

Somit mangelt es in Deutschland nicht an der grundsätzlichen Möglichkeit zur Beteiligung, wie es die Politik oft suggeriert, sondern oft nur an umfassenden Chancen zur direkten Beteiligung im eigenen Betrieb und an günstigeren Rahmenbedingungen für direkte betriebliche Investitionen. Allerdings hat Deutschland in einem anderen Bereich der Mitbeteiligung klaren Nachholbedarf: es mangelt an Gewinnbeteiligungen. Nur jeder zehnte Betrieb in deutschem Besitz zahlt seinen Beschäftigten Gewinnboni - Firmen in ausländischem Besitz tun dies fast in einem Drittel der Fälle. Hier können aber weniger staatliche Maßnahmen, sondern nur eine andere Strategie von Gewerkschaften und Arbeitgebern helfen, die einmal ins Ausland schauen sollten.

So ist es etwa in Japan schon seit langem üblich, die Löhne der Firmenmitarbeiter auf der Basis eines Grundgehaltes an den Gewinn oder den Verlust des jeweiligen Betriebes zu koppeln. Die in der Folge ausgeschütteten Gewinnbeteiligungen werden dann steuerlich begünstigt. Dadurch werden die Mitarbeiter motiviert, sich voll und ganz für den Betrieb einzusetzen, da sie Erfolg oder Mißerfolg direkt und deutlich zu spüren bekommen. Gleichzeitig haben Firmen die Möglichkeit, in schwierigen Zeiten weniger Lohn zu zahlen und so finanzielle Engpässe und Pleiten abzuwenden. Würden die Verantwortlichen in Deutschland öfter einmal über den Tellerrand schauen anstatt komplizierte, bürokratische Ansätze auszuarbeiten, könnten derartige Ansätze sicherlich auch hierzulande Erfolge erzielen.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bietet auf seiner Internetseite eine umfangreiche Literatursammlung zum Thema Gewinn- und Kapitalbeteiligung von Beschäftigten: www.iab.de/asp/X_info/

Foto: Landesminister Karl-Josef Laumann (CDU, l.) und Erwin Huber (CSU): Die beiden Unionsparteien favorisieren ihr Beteiligungskonzept der "Betrieblichen Bündnisse für Soziale Kapitalpartnerschaften"


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