© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Beneluxnor
Karl Heinzen

Ende 2010 läuft der 1958 zwischen Belgien, den Niederlanden und Luxemburg geschlossene Vertrag über die Benelux-Wirtschaftsunion aus. Die Debatte, ob dieser Staatenbund angesichts der fortgeschrittenen gesamteuropäischen Integration überhaupt noch notwendig ist, hat in den Mitgliedsländern begonnen, ihr Ausgang ist ungewiß.

Ein Impuls für eine Fortschreibung des Vertrages könnte nun das Interesse an Mitwirkung sein, das sich plötzlich bei einem östlichen Anrainer regt. Die CDU-Fraktion des nordrhein-westfälischen Parlaments hat nämlich die auch von ihr getragene Regierung in Düsseldorf aufgefordert, dafür einzutreten, daß das bisherige Bundesland in eine erneuerte Benelux-Union integriert wird. Noch in diesem Sommer sollen Emissäre vom Rhein nach Westen ausschwärmen, um für das Vorhaben zu werben. Mit offenen Armen dürften sie dabei im flämischen Teil Belgiens sowie in Luxemburg empfangen werden. Gewisse Vorbehalte gilt es wohl allein in Wallonien und in den Niederlanden zu entkräften.

Auch Gegenwind aus Berlin ist bislang nicht zu verspüren. Dies mag Zufall sein, zeugt im Ergebnis aber dennoch von einem modernen Staatsverständnis: Im Zeitalter der Globalisierung ist nicht allein den Individuen, sondern auch den Gemeinwesen eine höhere Flexibilität abzuverlangen. Man muß sich davon lösen, um jeden Preis an längst überholten staatlichen Strukturen festhalten zu wollen, bloß weil irgendwelche Verfassungsväter und -mütter in grauer Vorzeit meinten, ihre Nachfahren auf ewig festlegen zu dürfen. Dies betrifft nicht zuletzt das Verhältnis der einzelnen Gebietskörperschaften zueinander: Wenn ein Bundesland der Auffassung ist, daß seiner Prosperität durch die Hinwendung zu einem anderen Gesamtstaat oder Staatenbund besser gedient ist als durch das Festhalten am Überkommenen, dann sollte es im Interesse der Bürgerinnen und Bürger die daraus zu ziehenden Konsequenzen auch ziehen dürfen - wenn es sein muß, bis hin zum Austritt aus der Bundesrepublik Deutschland.

Wer vom Wettbewerb profitiert, sollte sich ihm aber auch selbst stellen müssen. Den Landkreisen, Städten und Gemeinden ist daher die Freiheit zuzugestehen, von einem Bundesland in ein anderes überzutreten - oder auch in einen anderen Gesamtstaat. Neuen Mitbewerbern in der Gestalt neuer Staaten oder Bundesländer muß der Marktzutritt ermöglicht werden. Das Denken in den Kategorien territorialer Besitzstandswahrung ist überholt und hat einer neuen Orientierung an Effizienz und Leistungskraft zu weichen.


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