© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Aufgeschnappt
Rechtskundige Spaziergänger
Matthias Bäkermann

Die beiden Polizisten einer Autobahnstreife staunten nicht schlecht, als sie am vergangenen Sonntag einen nur mit einem Bademantel bekleideten Passanten wahrnahmen. Denn sowohl die Uhrzeit (4.40 Uhr am frühen Morgen) als auch der Ort - die gewöhnlich stark befahrene Stadtautobahn unweit des Berliner Funkturmes - waren mehr als ungewöhnlich für einen Spaziergang. Die Beamten kontrollierten darauf den etwa 30jährigen. Der aus Kuba stammende Mann erwies sich nicht nur als stark angetrunken, sondern auch als der Verkehrsregeln auf deutschen Autobahnen weitgehend unkundig. Denn kaum hatten die Polizisten die Papiere überprüft, hielt neben ihnen auf dem Seitenstreifen ein Auto, das der Bruder des halbnackten Spaziergängers steuerte. Dieser hatte seinen Bruder kontaktiert, ihn "von der Autobahn einzusammeln", wie er kundtat. Dies sollte sich jedoch nicht als so einfach erweisen: Denn nicht nur, daß Betrunkene auf Bundesautobahnen oft den Weg in die nächste Ausnüchterungszelle finden. Der Kubaner hatte zudem gar keine gültige Aufenthaltserlaubnis.

Trotz seines Alkoholpegels meisterte der Illegale aus der Karibik die Situation jedoch nach bester Verwaltungsordnungsmanier: Noch auf dem Asphalt der Fahrbahn stellte er ganz offiziell einen Asylantrag. Nun konnte er zwar nicht mit seinem Bruder nach Hause fahren, entging aber auch der Ausnüchterungszelle, da die Polizei den Kubaner bei der Ausländerbehörde ablieferte. Es bleibt ihm nun vermutlich Zeit genug, um sich hier in der deutschen Straßenverkehrsordnung ähnlich kundig zu machen wie im deutschen Aufenthalts- und Asylrecht.


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