© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/07 20. Juli 2007

UMWELT
Rock für die Erde
Volker Kempf

Die von San Francisco ausgehende Hippiebewegung propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung. 1969 hatte diese Bewegung auch ihr Festival: Woodstock. Die ganze Veranstaltung war kommerziell angelegt: die Rockstars erhielten zusammen 200.000 Dollar Gage. Da war im Jahre 1985 "Live Aid" schon selbstloser. Damalige Rockgrößen spielten ohne Gage für Menschen in Afrika, denen der Erlös zukam. Auch für Nelson Mandela wurde in den 1980er Jahren gerockt. Das war dann Protest gegen die politisch Verantwortlichen eines Apartheidsystems. 1990 kam der spätere Präsident sogar frei. Bei "Live 8" ging es 2005 auch wieder um die armen Staaten der Welt, doch handelte es sich nicht um ein Benefizkonzert. Die große Politik sollte unter dem Motto "Make Poverty History" für Schuldenerlaß sorgen. Eine einfache Forderung in einer komplexen Welt.

Völlig undurchsichtig war der Sinn von "Live-Earth". Viele Bands rockten am 7. Juli in elf Städten für mehr Klimaschutz. Positiv gesehen wurde so demonstriert, ein Thema für wichtig zu halten. Ansonsten darf gefragt werden, ob hier nicht alle auch gegen sich selbst demonstrierten. Denn alle sind Klimasünder, nicht nur Politiker. Ein Wochenende ohne millionenfache Anfahrten zu Konzerten - das hätte Verzichtsbereitschaft für eine Sache signalisiert. Aber verzichten will gerade niemand. Was will man denn da von Politikern fordern? Ein schönes ernergieintensives Leben von Milliarden Menschen ohne ökologische Nebenwirkungen soll ermöglicht werden. "Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft", sangen einst Die Toten Hosen. Was fehlt, ist nicht Musik, davon gibt es mehr als genug. Es fehlt an Ernsthaftigkeit.


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