© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/07 20. Juli 2007

Mangelnde Brillanz
Integration: Viele Migranten sind auch in ihrer Heimat Schulversager
Gunnar Heinsohn

Deutschland hat kein Integrationsproblem. Es hat auch kein Ausländer- oder gar ein Türkenproblem. Zwar schaffen von Berlins Türken 18 Prozent keinen Schulabschluß - doppelt so viele wie bei den übrigen Migranten und zwölfmal so viele wie bei den Ethnodeutschen -, aber 18 Prozent machen Abitur. Damit sind sie im Anwerbepool für die Anglo-Welt, die bis 2040 über fünfzig Millionen qualifizierte, also vor allem westliche Einwanderer benötigt, um nicht in deutsche Zustände abzurutschen. Einmal in Vancouver oder Melbourne angekommen, empfängt man sie nicht etwa mit Integrationshelfern, sondern mit freien Bahnen für die Tüchtigen, die nicht 45, sondern 70 Prozent ihres Verdienstes in der Tasche behalten. Damit das funktioniert, wird an den Grenzen ihre Leistungsfähigkeit genau unter die Lupe genommen. Die Anglo-Länder diskriminieren - cum grano salis - nicht gegen Religion oder Hautfarbe, sondern gegen mangelnde Qualifikation. Ohne die wird man nicht nur vom Piloten- oder Arztberuf, sondern auch von der Einbürgerung ausgeschlossen.

Welches Problem nun wird unter Deutschlands Integrationsgipfeln versteckt? Das Land ächzt unter einem massiven Zuwachs an Unqualifizierten und ist das erste Land der Moderne, in dem die Generation unter 25 Jahren schlechtere Bildungsabschlüsse hinlegt als die Jahrgänge darüber. Diese Dequalifizierungsspirale resultiert nicht aus schlechter Integration, sondern aus mangelnder Brillanz. Die bleibt nicht wegen unzureichender staatlicher Lernangebote aus - als hätte man den Leistungsträgern mehr davon offeriert -, sondern aufgrund einer Politik, die unter zwölf Millionen Zuwanderern seit 1990 nur 10 Prozent Qualifizierte gewonnen hat und nicht gute 90 Prozent wie etwa Kanada.

Dort lebt heute eine der größten Migrationsbevölkerungen und trotzdem steht das Land bei Pisa immer ganz oben. Weil die Nordamerikaner wissen, daß schon das intellektuelle Potential von Dreijährigen selbst durch teuerste Programme kaum gesteigert werden kann, setzt man auf tüchtige Erwachsene und verläßt sich darauf, daß die ihre Fähigkeiten weitergeben.

Deutschland aber hat Menschen ins Land geholt, die auch in ihrer Heimat Schulversager waren. Gerne wird geglaubt, daß mangelnde Integration die intellektuelle Entfaltung behindere. Aber die abgebenden Länder haben hausgemachte Bevölkerungsanteile mit unterdurchschnittlichem IQ. Die gibt es auch unter Ethnodeutschen, denen ebenfalls kein Integrationsgipfel hilft. Nach Deutschland sind also nicht so sehr die Besten, sondern die Abgeschlagenen geschickt worden. Das hat bei Pisa schmerzhaft niedrige Ränge beschert, aber eine global bestaunte Entwicklungspolitik ins Leben gerufen. Statt jährlich zweistellige Milliardenbeträge an ferne Diktaturen zu schicken, versorgt man deren Untertanen im hiesigen Sozialsystem. Darauf will keiner richtig stolz sein, weil das neue Einwanderungsrecht diese Großmütigkeit kalt abgewürgt hat.

Fruchtbar weiter geht es dafür bei finanziellen Gebäranreizen an die Migranten, von denen 10 Prozent ganz ohne Schulabschluß und weitere 51 Prozent ohne Berufsausbildung auskommen. Nicht nur an ein erstes, sondern auch an ein fünftes Kind können sie die eigene Bildungsferne weiterreichen, weil jedes zusätzliche Baby vom Steuerzahler finanziert wird. Deshalb stammen schon 33 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren aus dem 19prozentigen Migrantenanteil. Bei den Neugeborenen geht es zügig auf die Vierzigprozentgrenze zu. Sechs Großstädte schaffen längst zwischen 60 und 70 Prozent. Das Statistische Bundesamt schwärmt dazu im Mai 2007: "In der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist der Anteil der nicht erwerbstätigen Frauen, die sich als Hausfrauen vermehrt der Erziehung der Kinder ... widmen, höher als bei den Frauen ohne Migrationshintergrund", aus deren Steuern - was natürlich nicht hinzugefügt wird - das großenteils bezahlt wird.

Dieses Vermehrungskonzept kann auf eines sicher rechnen, nämlich auf eine nicht endende Kette weiterer Integrationsgipfel, weil es für ein robustes Wachstum der Unqualifizierten sorgt. Lebenskarrieren stellt diese Versorgungslinie schließlich nur für Töchter der Sozialhilfemütter bereit. Die werden mit 14 oder 16 schwanger und glänzen dann mit ihrer Widmung an das Familienleben. Ihre Brüder allerdings erreichen durch multiple Zeugungen keinen beamtenähnlichen Status. Sie werden zwar satt und kräftig, aber oft noch bildungsferner als die Schwestern. Gleichwohl wollen auch sie, was gut und teuer ist, und als "Diskriminierung" empfinden sie dann, daß die gut bezahlten Positionen von anderen besetzt sind. Deshalb müsse an ihnen etwas wiedergutgemacht werden.

Bleibt das aus, gibt es vom kleinkriminellen Zoff bis zum islamistischen Befreiungskampf die ganze Palette der gerechten Empörung. Und für den Umgang damit braucht es ad calendas graecas die Minderheitenverbände mit ihren prächtig integrierten Führungen sowie die Politiker, die in teuren Gremien und mit wachsenden Budgets das scharf im Auge behaltene Qualifizierungswunder immer wieder als machbar an den Horizont malen

 

Prof. Dr. Gunnar Heinsohn lehrt Zivilisationstheorie an der Uni Bremen. 2006 erschien die 2. Auflage seines Buches "Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen".


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