© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/07 13. Juli 2007

UMWELT
Weniger sind mehr
Volker Kempf

Der ab 1945 erfolgte Agrar-Einsatz des Insektizids Dichlordiphenyltrichloräthan (DDT) hatte in den USA deren Wappentier, dem Weißkopfseeadler, zugesetzt. Denn das DDT hatte die Schalen der Vögel zu dünn und damit brüchig werden lassen. Es drohte dem imposanten Greifvogel, der eine Flügelspannweite von bis zu 2,30 Meter hat, die Ausrottung. 1963 gab es nach Angaben von US-Innenminister Dirk Kempthorne nur noch 400 nistende Paare. Im Jahre 1967 wurde der Weißkopfseeadler erstmals als gefährdete Tierart geführt. Vier Jahrzehnte später ist der Weißkopfseeadler von der Liste gestrichen worden. Denn es seien wieder etwa 10.000 Nistpaare vorhanden. Das ist ein Erfolg, der eine Meldung wert ist, auch in der europäischen Presse. Das kann aber leider nichts daran ändern, daß zu Lande, zu Wasser und zur Luft der Mensch mit seinem Tun Tierarten verdrängt und damit die Liste aussterbender Tierarten immer länger werden läßt. Soll es bald nur noch Menschen, Hunde, Katzen und Tauben geben? Das mag etwas zugespitzt sein, doch der Mensch ist auf dem besten Weg, sich dieser Schreckensvorstellung anzunähern.

So setzt allein der wirtschaftliche Aufstieg und das Bevölkerungswachstum in den Schwellenländern China, Indien und Brasilien dem natürlichen Lebensraum zu. Schildkröten, Elefanten oder Affen, die niemandes Wappentier sind, haben da einen schweren Stand, verdienen aber die selben Schutzbemühungen wie der Weißkopfseeadler in den USA. Schutzbemühungen für alle Tierarten bleiben ein frommer Wunsch, solange nicht die weltweite Bevölkerungsvermehrung problematisiert wird. Um es mit dem posthum veröffentlichten Buchtitel von Karl Otto Hondrich zu sagen: "Weniger sind mehr".


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