© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/07 06. Juli 2007

Hoffnungsschimmer für die Republikaner
USA: Wenn Michael Bloomberg als Unabhängiger zur Präsidentschaftswahl antritt, wird Hillary Clinton entscheidende Stimmen verlieren
Patrick J. Buchanan

Bevor Michael Bloomberg sich überhaupt zu einer US-Präsidentschaftskandidatur entschlossen hat, erweist sich der Wahlkampf des New Yorker Bürgermeisters bereits als durchschlagender Erfolg. Die bloße Umregistrierung vom Republikaner zum Unabhängigen hat dem 65jährigen mehr mediales Wohlwollen beschert, als manche Kandidaten in einem ganzen Wahlkampfjahr bekommen.

Mittlerweile hat der Gründer des Medienunternehmens Bloomberg L.P. den konservativen Hoffnungsträger Fred Thompson (JF 23/07) als aufsehenerregendster (Noch-)Nicht-Kandidat seit Mario Cuomo 1992 und Colin Powell 1996 überholt. Gouverneur Cuomo und General Powell entschieden sich nach gründlicher Erkundung des Geländes jeweils gegen einen Eintritt ins Kampfgeschehen. Dies könnte sich auch für den NYC-Chef als weiser Ratschlag herausstellen: den Presserummel zu genießen und auszuschlachten, der ihm bis zu seiner endgültigen Entscheidung sicher ist, jedoch lange und hart abzuwägen, ob er sich wirklich ins Wahlkampfgetümmel stürzen will. Denn von diesem Moment an hört der Spaß auf, das Risiko einer landesweiten Blamage steigt drastisch, und man macht sich zum gefundenen Fressen für feindlich gesonnene Medien und die Meute der von der Opposition angesetzten Spürhunde.

Selbst wenn Bloomberg zwei Milliarden Dollar in seinen Wahlkampf steckte, hat er keine Aussichten auf einen Sieg. Seine Aussichten, Hillary Rodham Clinton zu Scheitern zu bringen, sind hingegen groß. Denn je beliebter der erfolgreiche Geschäftsmann sich mit seinen Medienauftritten macht, je mehr Stimmen er auf sich zieht, desto sicherer wird er den Demokraten antun, was Ross Perot der Republikanischen Partei 1992 einbrockte.

Wie das? Nun, zum einen hat Bloomberg als Jude seinen größten Bekanntheitsgrad und seine höchste Zustimmungsrate unter den jüdischen Wählern sowie unter den New Yorkern, wo er beliebter ist als sein Amtsvorgänger und jetziger Bewerber um die republikanische Kandidatur, Rudy Giuliano. Sowohl der jüdische Bevölkerungsanteil wie die Stadt New York gelten bei den Präsidentschaftswahlen traditionell als Hochburgen der Demokraten. Selbst als Richard Nixon in 49 Bundesstaaten siegreich war, stimmte nur ein Drittel der jüdischen Wähler für ihn - bei Reagans Sieg in 49 Staaten lag der Anteil sogar noch darunter. Einer Umfrage aus dem Jahr 2006 zufolge unterstützen 88 Prozent der jüdischen Wähler die Demokraten.

Obrigkeitsstaatlicher Liberaler

 Die Hudson-Metropole wiederum dient den Demokraten seit langem als Schlüssel zum gesamten Bundesstaat New York. Die erste Folge einer Kandidatur Bloombergs wäre, Hillary Clinton in New York etwa zwei Millionen Stimmen abzunehmen, so daß die Republikaner wieder eine Chance auf den Wahlsieg im Bundesstaat hätten. Ebenso sähe es in New Jersey und Connecticut aus.

Zum zweiten gefällt sich der Bürgermeister zwar in der Rolle des Pragmatikers jenseits der Parteigrenzen. In Wirklichkeit ist er jedoch ein klassischer obrigkeitsstaatlicher Liberaler, der das Rauchen in New Yorker Kneipen verboten und den gesundheitsgefährdenden Transfettsäuren (TFA) in Pommes oder Kartoffelchips den Krieg erklärt hat, dabei eine verschärfte Waffengesetzgebung, Homosexuellenrechte und Abtreibung befürwortet. Bis 2001 war er schließlich Mitglied der Demokratischen Partei.

Hätte Bloomberg sich in den Vorwahlen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur beworben, seine Milliarden hätten nicht ausgereicht, um ihm die Nominierung zu erkaufen. Deswegen trat er aus der Partei aus. Hätte er sich die Nominierung erkaufen können, so hätte ihn freilich wohl umgekehrt die Partei im Stich gelassen. Denn Bloomberg war niemals mit Leib und Seele Republikaner. Seine Parteizugehörigkeit war eine reine Nutzehe, die er bei erstbester Gelegenheit auflöste. Und keine noch so geschickte Medienoffensive wird den Amerikanern einreden können, er sei etwas anderes als ein prototypischer New Yorker Linksliberaler.

Daß er weder das Charisma John F. Kennedys noch die Überzeugungskraft eines Barry Goldwater hat, geschweige denn eine Kombination beider Eigenschaften wie Ronald Reagan, läßt es erst recht unwahrscheinlich erscheinen, daß Bloomberg auch nur einen einzigen Staat gewinnen könnte.

Wie steht Bloomberg zum Irak-Krieg, zur Sicherung der Grenze nach Mexiko, zur Verlegung amerikanischer Arbeitsplätze in Billiglohnländer? Weiß das jemand? Weiß er es selber? 1972 sicherte sich George McGovern die demokratische Kandidatur mit einem "Holt unsere Soldaten nach Hause!"-Wahlkampf. 1992 machte Ross Perot den Kampf gegen eine aufgeblähte Bundesregierung zu seiner Herzensangelegenheit, die ihre Ausgaben nicht unter Kontrolle bekam und zudem Arbeitsplätze nach Mexiko exportierte. Mit welchem Anliegen will Bloomberg die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und die Präsidentschaft gewinnen?

Amerikanische Demokratie funktioniert nicht mehr

Er hat kein solches Anliegen. Mangels Charismas, Rednergabe und eines Alleinstellungsmerkmals, das über das "Parteiübergreifende" hinausgeht, bleibt dem Medienunternehmer ein einziger Trumpf - ein Vermögen, das auf mindestens fünf Milliarden Dollar geschätzt wird. Wenn er sich für eine Kandidatur entscheidet, wird Bloomberg die These auf die Probe stellen, daß die US-Präsidentschaft im 21. Jahrhundert käuflich ist. Wie viele Stimmen kann er aber erwerben? Wenn er eine Milliarde ausgäbe und dafür fünf Millionen Stimmen bekäme, hätte ihn jede einzelne 200 Dollar gekostet. Wie viele Milliarden müßte er also aufwenden, um die vierzig Millionen Stimmen zu kaufen, die für einen Sieg in einem Dreikampf nötig wären?

Für die Republikaner ist Bloombergs Liebäugeln mit einer Kandidatur die beste Nachricht seit Samuel Alitos Berufung in den Obersten Gerichtshof der USA. Wenn es soweit kommt, sollte die Republikanische Partei darauf bestehen, daß er - und natürlich der linksalternative Ralph Nader (der im Wahljahr 2000 Al Gore entscheidende Stimmen im Duell mit George W. Bush gekostet hat) - an den TV-Debatten teilnimmt. Und sie muß dafür sorgen, daß ganz Amerika über Bloombergs Feldzug gegen Whoppers, Winchesters und Winstons Bescheid weiß! Je mehr liberale Wähler Hillary Clinton seinetwegen verliert, desto besser.

Die Spekulationen über Bloombergs Kandidatur zeigen die Malaise der US-Demokratie auf. Präsident George W. Bushs Zustimmungsrate liegt derzeit bei 29 Prozent, die des demokratisch bestimmten Kongresses bei 23 Prozent. Die größte Partei, die gleichzeitig den meisten Zuwachs verzeichnet, sind die Unabhängigen, die sich enttäuscht oder angewidert von ihrer Partei abgewandt haben. Die amerikanische Demokratie funktioniert nicht mehr. Ob in der Frage des Irak-Kriegs oder der Sicherung der US-Grenze zu Mexiko - des Volkes Wille wird nicht politisch umgesetzt.

In einer funktionierenden Demokratie hätte dies zur Folge, daß der Wähler beiden gescheiterten Parteien eine Abfuhr erteilt. Statt dessen wird eine von ihnen wieder das US-Staatsoberhaupt stellen. Ein Schlaglicht auf dieses gescheiterte Duopol zu werfen, wäre Michael Rubens Bloomberg als Verdienst anzurechnen.

 

Patrick J. Buchanan war mehrfach US-Präsidentschaftskandidat. Er ist Mitbegründer der Zeitschrift "The American Conservative".


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