© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/07 29. Juni 2007

UMWELT
Polittheater für das Klima
Volker Kempf

Für die eine Seite leben wir in der besten aller Welten. Da kann die Klimapolitik nur Ausdruck irrealer Wirklichkeitsannahmen sein. Für die andere Seite ist die Zivilisation schon dem Verderben anheimgefallen. Die "menschengemachte" (anthropogene) Klimaerwärmung dient als Beleg. Da Politiker Zustimmung in der Bevölkerung suchen, profilieren sie sich in der Klimapolitik. Damit wird die Ökologiethematik auf nur einen Aspekt verengt. Dieser hat aber weitreichende Implikationen. Denn ohne den immensen Ressourcenverbrauch gäbe es die Diskussion ums Klima nicht. Das Schöne an der Klimaerwärmung ist, man stellt die Ressourcenverknappung selbst in den Hintergrund. Der Widerspruch, daß fast alle politischen Maßnahmen auf eine Erhöhung des Ressourcenverbrauchs hinauslaufen, weil sie auf Wirtschaftswachstum setzen und Bevölkerungspolitik sträflich vernachlässigen, fällt dann schon kaum noch auf.

Mit technischem Umweltschutz hier, einigen Gesinnungsbekundungen da läßt sich schön suggerieren, die schönste aller Welten bleibe erhalten, die heraufziehenden Gefahren seien der Lösung nahe. Politik hat damit etwas Theatralisches. Claudia Roth hat nicht umsonst eine Ausbildung zur Dramaturgin am Landestheater Schwaben in Memmingen absolviert. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist schon nicht schlecht auf der Politbühne, aber von der Grünen-Chefin kann auch sie sicher noch einiges lernen, nämlich noch mehr Aufregung zu verbreiten, um sich noch besser als Retterin der Welt in Szene zu setzen. Das ist auch dringend nötig, denn das Publikum beginnt sich zu langweilen, wie die geringen Wahlbeteiligungen zeigen. Das ist zwar zynisch, aber die zynische "Vernunft" regiert die Welt.


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