© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

WIRTSCHAFT
Westliche Dienstleister
Jens Jessen

Voll Freude berichtete das RWI Essen kürzlich über die Verwandlung der westdeutschen Wirtschaft von einer produzierenden in eine Dienstleistungswirtschaft. Die Beschleunigung dessen soll ein Ergebnis der Wiedervereinigung Deutschlands sein. Spiegelbildlich schrumpfte der produzierende Sektor. Die Untersuchung befaßt sich nicht mit der Frage, wie der Umbau die Wirtschaft im Osten beeinträchtigte, obwohl dort der produzierende Sektor ein größeres Gewicht als im Westen hatte. Für westdeutsche Arbeitslose soll es schwieriger geworden sein, in ihrem angestammten Fachgebiet einen Arbeitsplatz zu finden. Wenn das schon im Westen der Fall ist, wie sieht es dann erst im anderen Teil Deutschlands aus?

Der Anteil des Konsumgütersektors an der Beschäftigung sank von 1975 bis 2001 um 35 Prozent. "Unternehmensbezogene Dienstleistungen" nahmen im gleichen Zeitraum um 75 Prozent zu. Bei neu eingestellten Arbeitskräften im schrumpfenden Konsumgütersektor war der Anteil von Personen, die zuvor Arbeitslosenunterstützung erhielt, weit höher als im wachsenden Sektor. Die Wahrscheinlichkeit, aus der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung zu kommen, hat laufend abgenommen. In den achtziger Jahren lag sie bei 46 Prozent, in den neunziger Jahren bei 30 Prozent. Interessant ist die Beobachtung, daß besagte "Wahrscheinlichkeit" in Zeiten der Rezession steigt. Das gilt aber nur für die qualifizierten Kurzzeitarbeitslosen im Westen. Sie erhalten in einer Phase des Abschwungs eher eine Beschäftigung. In den neuen Ländern ist davon nichts zu spüren, da die Qualifizierten abgewandert oder schon zu lange arbeitslos sind. Es wäre verdienstvoll, wenn das RWI auch eine Untersuchung über den Strukturwandel in den neuen Ländern vorlegen würde.


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