© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/07 11. Mai 2007

Leserbriefe

Zum Schwerpunkt Marine-Ehrenmal in Laboe, JF 18/07

Nicht nur kollektive Schuld

Für mich als einen 25jährigen, der die "Indoktrination" durch den Geschichtsunterricht (und natürlich nicht nur dort - an meiner Schule beschäftigten wir uns selbst im Sportunterricht mit dem Dritten Reich) völlig im Sinne unserer bundesrepublikanischen Political Correctness hat an sich vollführen lassen, war dieser Artikel eine mich wütend machende Darstellung.

Und das, obwohl ich - durch diese Schuld-und-Sühne-Kampagne gegangen - selbstredend Zivildienst geleistet habe und den Dienst in der Bundeswehr damals aus vollster Überzeugung abgelehnt habe. Erst durch mein Studium habe ich mich weitaus reflektierter und kritischer mit unserer Geschichte auseinandergesetzt und mußte dadurch schnell mein in der Schule vermitteltes Geschichtsbewußtsein über Bord werfen.

Ich selbst habe durch den Besuch der Gedenkstätte in Laboe vor einigen Monaten einen Anreiz bekommen, mich auch mal vermehrt mit der militärischen Vergangenheit unserer Nation zu beschäftigen. Und ich wünsche es jedem, daß er sich durch das Gedenken, insbesondere an solchen Orten, seiner Herkunft, seiner kollektiven Vergangenheit (ja, es gibt nicht nur die oktroyierte so genannte kollektive Schuld, nein, vielmehr gibt es auch eine positive kollektive Vergangenheit) und auch der Ehre unserer Soldaten erinnern möge. Sich ins Bewußtsein ruft, daß das Land, in dem wir heute leben, so gar nicht existieren würde, wenn es nicht Menschen in der weiten Vergangenheit gegeben hätte, die zur Verteidigung ihrer Bevölkerung, somit auch unserer Familien, ihr Leben zu geben bereit waren oder es sogar geopfert haben.

Es macht mich wütend, daß deutsche Geschichte in den Köpfen der Mehrheit erst 1933, meinetwegen 1938 beginnt. Wie kann es sein, daß 12 Jahre eine jahrhundertealte Kulturnation in den geistigen Ruin treiben können? Sei's drum - wir bedürften der Hilfe, der Kraft und der Selbstvergewisserung, aber nichts von alledem ist zu erwarten von politischen Führern und Verantwortlichen, die solche Vorgänge wie in Laboe nicht nur gutheißen, sondern auch noch fördern.

Daniel Heinrichs, Münster

 

Nicht darum gebeten

Ich denke, auch Ihnen müßte einleuchten, daß die 28.000 U-Boot-Männer nicht "für uns" gestorben sind (ich habe sie nämlich nie darum gebeten), sondern für ein verbrecherisches System und eine Gangster-Bande. Und sollen die Toten dazu mahnen, daß sich die Jugend heute genauso verhalten soll wie diese Menschen, die sich ja alle freiwillig zur U-Bootwaffe gemeldet hatte, wenn sie von gewissenlosen Ideologen gegen irgendwen und irgendwas aufgehetzt werden?

Dr. Klaus Dede, Oldenburg

 

 

Zu: "Die neurotische Nation" von Doris Neujahr, JF 18/07

Selbst neurotisch?

Gleich auf der ersten Seite dieser Ausgabe befindet sich ein sehr heftiger Artikel, der den Deutschen ein ungesundes Verhältnis zu ihrer Nation, mangelndes Geschichtsbewußtsein und Fixierung auf das Dritte Reich unterstellt, die, sollte es nicht zu einem Wiedererwachen nationalen Selbstbewußtseins kommen, zum Untergang der Deutschen führen würde. So weit, so kritisch.

Aber ein Blick auf die Seite zwanzig läßt mich da doch an der Ernsthaftigkeit der Thesen zweifeln, befinden sich doch unter den vom JF-Buchdienst angebotenen Büchern ausschließlich solche, die sich mit diesen verfluchten zwölf dunkelsten Jahren deutscher Geschichte beschäftigen. Schlägt da der kollektive Neurotizismus auf die Redaktion und Leserschaft zurück, oder ist es vielleicht besonders die Rechte, die das Gefühl hat, sich zwanghaft selbst vergewissern zu müssen, daß die Deutschen trotzdem ein Recht auf nationale Selbstbestimmung und -bewußtsein haben (und damit wunderbar selbst an jener Perpetuierung der Auseinandersetzung teilnimmt), anstatt die Jahre des Dritten Reichs einfach zu akzeptieren und dem angeblich zu konstatierenden Opfermythos mit einem Geschichtsbewußtsein zu begegnen, das den Horizont über jene zwölf Jahre hinaus ausdehnt?

Mathias Ellwanger, Passau

 

 

Zum Schwerpunktthema Kreationismus, JF 16/07, und folgende Leserbriefe, JF 18/07

Zufall eher unwahrscheinlich

Ich war sehr erstaunt über die intolerante Art, wie manche Leserbriefschreiber Kreationisten und Anhänger des Intelligent Design angegriffen haben. Das ist man aus anderen Zeitungen gewöhnt, aber nicht aus der JF.

Wir sind es gewohnt, hinter jedem Artefakt einen Schöpfer zu vermuten. Wer vermutet bei einem technischen Wunderwerk wie zum Beispiel einem modernen Auto eine Explosion in einer Werkstatt als Entstehungsursache? Sollte man nicht vielmehr einen schöpferischen Geist dahinter vermuten? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß durch zufällige Buchstabenkombinationen ein fünfhundertseitiger Roman zustande kommt? Störungen in der Signalübertragung bewirken fast nie eine zusätzliche sinnvolle Information. Wenn man unsere DNA-Erbinformation als Buchstabencode schreiben würde, kämen so viele DIN A 4-Seiten zustande, daß sie aneinandergereiht zum Mond reichen würden.

Ich habe den Verdacht, daß die sogenannten "Naturwissenschaftler" nicht erst die Natur beobachten und dann ihre Schlüsse ziehen, sondern daß am Anfang die Prämisse steht: "Es kann keinen intelligenten Schöpfer geben", und alle Forschungsergebnisse dann an diese Prämisse angepaßt werden.

Dirk Meyer-Koop, Osnabrück

 

 

Zu: "Der Traum von einer rechten Partei" von Peter Freitag, JF 18/07

Voraussetzung für Demokratie

In Deutschland wird so lange kein Wechsel hin zu einer souveränen rechten Politik möglich sein, wie nicht Wirkungsweise und Zweck von Faschismus-, Rassismus-, Ewiggestrigkeits-, Fremden- und Frauenfeindlichkeits-, Antisemitismus-, Brandstifter-, Schreibtischtäter- und ähnlichen Vorwürfen sowie der Sinn aller darauf aufbauenden Pressekampagnen zur Allgemeinbildung gehören.

Ein jeder Protagonist einer rechten Partei muß es verinnerlicht haben und am besten gebetsmühlenartig wiederholen: Wir werden mit Nazi-Vorwürfen in allen Facetten leben müssen, vielleicht für immer, mindestens aber so lange, wie wir uns dadurch an der Wahrnehmung eigener Interessen hindern lassen. Warten wir nicht darauf, bis die Morgenzeitung, das Autoradio oder ein Fernsehbericht derjenigen Partei, die unsere jeweiligen Interessen am besten vertritt, den Segen erteilt, sondern machen wir uns ein eigenes Bild. Moderne Politik muß nicht hilfreich sein - hilfreiche Politik muß nicht modern sein. Ohne unterschiedliche Angebote auch in der Gesellschafts-, Familien- und Ausländerpolitik kann von Demokratie keine Rede sein. Alternativen sind die Voraussetzung für Demokratie.

Philipp Hunold, Coesfeld

 

 

Zum Schwerpunktthema Filbinger-Oettinger-Affäre, JF 17/07

Chic bei der CDU

Ja, furchtbar ist er schon, dieser Opportunismus in der sogenannten "bürgerlichen Partei". Der Ministerpräsident Günther Oettinger war sicher zunächst bemüht, es mit seinem Vorgänger Hans Filbinger gut zu meinen. Er hat aber nicht mit dem Kesseltreiben der vielen Chamäleons unter seinen "Parteifreunden" gerechnet.

Anderseits ist es halt auch bei der CDU chic, die Kriegsgeneration zu verteufeln oder die Konservativen wie Martin Hohmann, Henry Nitzsche oder Jörg Schönbohm herauszumobben. Die Merkel-Partei ist erneut nicht in der Lage, der "antifaschistischen" Instrumentalisierung mit einer eigenen Haltung Paroli zu bieten. Es scheint, ihr fehlt dazu auch die Sachkompetenz.

Frank Freiherr von Hoyningen-Huene, Dresden

 

Auf den Punkt gebracht

Die JF hat die Dinge hier wieder - wohl als einzige deutsche Zeitung - auf den Punkt gebracht. Der vereinigten Linken ist es wieder einmal gelungen, ihre Meinungshoheit in der Republik durchzusetzen und zu verteidigen. Die CDU hat resigniert und klein beigegeben, weil sie sich ihrer eigenen weltanschaulichen Position nicht mehr sicher ist.

Was ich in der gesamten konservativen Szene schon lange vermisse, ist eine wirklich fundamentale Auseinandersetzung mit den Inhalten der linken Ideologie. Viele Linke meinen leider immer noch, der "Sozialismus an sich" sei eine gute Sache, man müsse ihn nur besser verwirklichen, als das in der jüngsten Vergangenheit geschehen ist.

In Wahrheit ist der Sozialismus ein weltanschauliches Fossil aus dem vorletzten Jahrhundert, das nicht einmal ansatzweise geeignet ist, die heutigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme effektiv und zur mehrheitlichen Zufriedenheit zu lösen. Seine besonderen Kennzeichen und unauflösbaren Probleme sind, auf kurze Formeln gebracht und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Unvereinbarkeit mit einer pluralistischen Gesellschaft, der Gleichheitswahn und die Konkurrenz zwischen Gleichheit und Freiheit, Atheismus, Religionsfeindlichkeit und blinde Wissenschaftsgläubigkeit.

Natürlich ist der ethik-freie Kapitalismus mit dem einzigen Ziel der Gewinnoptimierung ebenfalls eine Ideologie mit inhumanen Zügen, die notfalls auch über Leichen geht. Er ist also keineswegs eine Alternative.

Ich hoffe auf philosophische Köpfe, die auf beiden Augen klar sehen und nicht auf dem linken Auge blind sind und auf dem rechten übersichtig, welche diese längst fällige Auseinandersetzung literarisch und politisch auf sich nehmen.

Dr. Peter Rothdach, München

 

Das demokratische Urprinzip

Nach einer Woche medialer Entrüstung über Ministerpräsident Oettinger, der es immerhin gewagt hatte, dem mittlerweile dreißig Jahre alten linken Rufmord an Ministerpräsident a. D. Hans Filbinger an dessen Sarg entgegenzutreten, war es für mich eine Wohltat, in der JF endlich einmal Tatsachen über dessen Zeit als Marinerichter in Norwegen zu lesen.

Selbst "konservative" Zeitungen wie die FAZ warteten anstelle von Argumenten vor allem mit diffamierenden Verlautbarungen auf - ein ziemlich sicheres Anzeichen, daß hier ideologische Aufladungen im Spiel sind: Sobald Fragen des Nationalsozialismus zur Debatte stehen, hebt in den deutschen Medien eine Art liturgischer Gesang an, und die gewohnte Vielfalt des Geisteslebens weicht einem argumentativen Minimalismus, als fürchteten die Autoren, mit unbotmäßigen Einfällen ihre Haut zu Markte zu tragen. Die Absurdität ihres Verhaltens scheint ihnen nicht bewußt zu werden: Genau solches Duckmäuser-Verhalten prangern sie unermüdlich bei Menschen an, die in der Zeit des Nationalsozialismus ganz anderen Nachteilen und Bedrohungen ausgesetzt waren.

Die ursprüngliche Idee nach dem Krieg, den Nationalsozialismus in den Köpfen vor allem durch freie demokratische Diskussion und nüchterne Sachlichkeit zu überwinden, ist seit der 68er Revolution und ihrem "Marsch durch die Institutionen" einem erneuten gesellschaftlichen Ideologievorbehalt ausgesetzt. Das demokratische Urprinzip: "Ich lehne Ihren Standpunkt ab und bekämpfe ihn aufs schärfste - aber ich werde jederzeit mein Leben einsetzen für Ihr Recht, diesen Standpunkt zu vertreten", verliert an Kenntlichkeit.

Wilko Fokken, Bunde

 

Auf den Schlips getreten

Ich schäme mich, einmal Mitglied der CDU gewesen zu sein. Besonders das traurige Szenarium um den verstorbenen Ministerpräsidenten Hans Filbinger ekelte einen an. Vielen anderen Mitbürgern wird es ebenso ergangen sein. Die CDU war einst eine große und ansehnliche Partei im Nachkriegsdeutschland, konservativ und traditionsbewußt, eingebettet in das christliche Menschenbild - dadurch auch prädestiniert, allen Stürmen dieser Zeit erfolgreich zu widerstehen. Sie verstand es auch, Deutschland aus dem Nichts wieder aufzubauen und die Wirtschaft flottzumachen.

Dazu gehörten auch Frauen und Männer, die unter der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft mit dem Hitler-System mehr oder weniger aktiv verwickelt waren, dann aber sich zu unserer demokratischen Staatsordnung bekannten. Spätere Einsichten haben sich durchgesetzt. Viele Namen sind heute noch bekannt. Kiesinger, Globke, Oberländer und viele andere mehr. Alle haben sich dem Wiederaufbau des neuen Staates zur Verfügung gestellt und Verantwortung übernommen.

Die erfolgte Hetze gegen Filbinger war dann ein weiterer Akt der Verunglimpfungen gegen das Führungspersonal Nachkriegs-Deutschlands - nun die Totenrede von Ministerpräsident Günther Oettinger. Wieder fühlten sich manche Linke auf den Schlips getreten, nur weil er nicht dem linken Zeitgeist verbal hörig wurde und das zu sagen beliebte, was heute jeder halbwegs normal denkende Bürger empfindet.

Um so mehr entrüstete es mich, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel sich mit der Zurechtweisung von Oettinger auf gefährliches Eis locken ließ. Der Bürger wird dies nicht allzu schnell vergessen.

Wilhelm Hörnicke, Eschborn

 

Gutmenschen-Mafia

Obwohl Filbinger eher kein aktiver Widerstandskämpfer war, gebührt ihm neben seiner Leistung als ehemaliger Ministerpräsident jedoch der Tribut, daß es auch unter den Bedingungen des NS-Staates möglich war, wenn auch nur unter starken Abstrichen, aufrichtige Menschlichkeit und moralische Größe dann zu zeigen, wenn viele andere Militärrichter eben das aus ideologischer Überzeugung nicht tun konnten. Hier hat Günther Gillessen wohl einen extrem wichtigen Aufklärungsbeitrag geleistet.

Um so empörender ist allerdings, daß - weil Filbinger eben mal Wehrmachtssoldat war und kein Antifaschist - ausgerechnet eine Trauerrede und das Ableben einer Persönlichkeit von der Union und ihren politisch korrekten Machteliten dazu instrumentalisiert wurde, um unbequeme Parteimitglieder zum Einknicken zu bewegen.

Auch wenn Oettinger sein Einknicken vor der Kanzlerin verzögerte, geschehen ist es jedenfalls und damit wieder ein Sieg für den staatlich verordneten Antifaschismus als ideologische Grundlage der Gutmenschen-Mafia. Sollte der verordnete Gedenkkult weiterhin kultiviert werden, so ist abzusehen, daß es auch bald für die letzten konservativen Politiker wie Jörg Schönbohm und Peter Gauweiler in naher Zukunft keine Nachfolger geben wird und somit die Union mit Blick auf die nächsten Wahlen zum hellroten Sproß der Linksparteien mutieren wird.

Volker Thon, Gera

 

 

Zu: "Deutschland den Weg zeigen" von Ekkehard Schultz, JF 16/07

Weichen anderswo gestellt

Die bestürzende Bilanz der Zivilen Koalition ist weder neu, noch wird dem Besucher der Internetseite erklärt, wie es zu derartigen Verformungen kommen konnte. Es genügt eben nicht, eine Liste wünschenswerter Veränderungen aufzustellen. Glaubhaft und tragfähig würde eine solche Initiative erst im historischen Kontext und mit einer schonungslosen Analyse der heute wirkenden globalen Kräfteverhältnisse und Zwänge, denen jede denkbare Bundesregierung ausgesetzt sein wird.

Im Spannungsfeld zwischen imperialen Machtansprüchen der USA zur Rohstoffsicherung, der Gefahr eines neuen Kalten Krieges und der menschenverachtenden Profitgier der Global Players ist Deutschland doch nur noch Objekt in einem Planspiel, dessen Akteure in Brüssel, in Washington und in den internationalen Organisationen Hochfinanzziele verfolgen, die prinzipiell mit nationalen Interessen der Völker unvereinbar sind.

Der von der Zivilen Koalition gewollte Wandel gleicht dem Versuch, den Zug der Zeit auf der Schiene zu wenden oder wenigstens in eine andere Richtung fahren zu lassen. Doch wir dürfen wohl auch weiterhin nur die Farbe für die Jacken des Personals auf der Lokomotive wählen. Die Weichen für die Fahrt selbst werden anderswo gestellt.

Dietmar Fürste, Rattiszell


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