© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/07 11. Mai 2007

Konflikt der Besiegten
von Thorsten Hinz

Die heimliche Verbundenheit von Teilen der bundesdeutschen Eliten mit der RAF zeigt sich am Umfang der Berichterstattung und an Kleinigkeiten wie der Bezeichnung Christian Klars als "Ex-Terrorist". Klar ist als Mörder und Terrorist verurteilt worden und als solcher notorisch. Daran ändert auch die Auflösung der RAF nichts. Es redet ja auch niemand von "Ex-Kindesmördern" oder "Ex-Kriegsverbrechern". Es geht um einen moralischen Rabatt, der neben den Terroristen auch denen zugute kommen soll, die ihnen vor 30 Jahren klammheimlich zugestimmt haben.

Die Weltverbesserer von damals sind bis heute Kinder geblieben: in ihrer trotzigen Zurückweisung eigener Verantwortung und der Konsequenzen ihres Tuns. Unsäglich waren aber auch die Versuche aus der Union, den Bundespräsidenten aus entgegengesetzter Richtung unter Druck zu setzen. Das nährte ebenfalls den Verdacht, es ginge um ein politisches Sonderrecht.

Zu kurz kommt, daß der RAF-Terror ein Generationenkonflikt in einem besiegten Land war. Aktivisten aus der Studentengeneration nahmen das Schreckensbild, das ihnen von der Elterngeneration und deren "Schweinesystem" präsentiert wurde, beim Wort. In den populären Liedern von Franz Josef Degenhardt lebten diese noch immer ihre alten Mordphantasien aus - vorerst nur beim Tranchieren des Sonntagsbratens. Daraus leiteten die Kinder ihre moralische Überlegenheit und ein exzessives Notwehrrecht ab und wurden so zu mörderischen Akteuren in einer Nachfolgetragödie des großen Krieges.


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