© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema Filbinger und Oettinger, JF 17/07 und JF 18/07

Unterschiedliche Beurteilung

Ich bin immer wieder erstaunt, mit welch unterschiedlicher Gesinnung Menschen beurteilt werden: Christian Klar mit Milde, Hans Filbinger mit Haß. Wer sich mit der Angelegenheit befaßt, weiß, wer von den beiden höchstpersönlich Mörder ist, und dies auch noch mehrfach.

Dr. Udo Dietzmann, Mechernich

 

Es macht mir Angst

Das Niederknüppeln eines Ministerpräsidenten wegen seiner umstrittenen Würdigung eines äußerst verdienten Vorgängers macht mir Angst. Nicht wegen der Unanständigkeit gegenüber dem Toten, die kein normaler Mensch übers Herz brächte - bei der politisch-medialen Klasse ist man ja an die nach unten offene Skala der Schamlosigkeit gewöhnt.

Doch wenn eine ganz bestimmte (sogar gemäß Pressedokumentationen tatsachenwidrige) Auffassung mit so gnadenloser Absolutheit gegen eine in einer Trauerrede geäußerte persönliche Ansicht durchgesetzt wird, daß öffentlich Abbitte für sie geleistet werden muß, dann beweist dies eine solch totalitäre Einstellung der dafür Verantwortlichen, daß ich unsere grundgesetzlich verbriefte Freiheit in höchster Gefahr sehe.

Manfred Backerra, Hamburg

 

Wo die Machtzentren sind

Im Mittelalter mußte bekanntlich der deutsche Kaiser Heinrich IV. mühevoll nach der Bergfeste Canossa pilgern, damit ihm dort der römische Papst Absolution erteilen konnte. Heute ist es für den Ministerpräsidenten eines deutschen Landes bequemer, die Absolution zu bekommen: Er läßt sich mit der Dienstlimousine zum Zentralrat in die alte deutsche Kaiser-Krönungsstadt Frankfurt am Main kutschieren. Beide Vorgänge hatten jedoch etwas gemeinsam: Es wurde jeweils nach außen sichtbar dokumentiert, wo man sich zu unterwerfen hat und wo die eigentlichen Machtzentren sind.

Bernold Leer, Heidelberg

 

Ausgesprochen dämlich

Die Unionsparteien sind in großen Teilen seit ihrer Gründung - frei nach Kurt Schumacher: "Parteien der Alliierten". Es sollte daher nicht wundern, wenn das durch die Sieger verordnete Geschichtsbild sich in diesen Kreisen letzten Endes immer wieder durchsetzt. Erschwerend kommt die offenbar unausrottbare "bürgerliche" Feigheit hinzu. Die Vorstellung, eine nationale oder auch nur patriotische Position innerhalb der Unionsparteien verwirklichen zu können, ist bestenfalls bodenlos naiv - oder sogar ausgesprochen dämlich.

Fritz Werner, Verden-Borstel

 

Sachgerechte Darstellung

Wieder wird die sattsam bekannte und langweilende Bewältigungssau von den dafür Bekannten durchs Dorf getrieben, an der man sich so herrlich und ausdauernd hysterisch reiben kann! Wenigstens die JUNGE FREIHEIT bemüht sich mal wieder um eine sachgerechte Darstellung.

Wilfried Tröder, Bonn

 

Demokratieverständnis

Als Probeleserin der JUNGEN FREIHEIT beschäftigen mich insbesondere die Beiträge zur Filbinger-Affäre. Ich verfolgte die an Brisanz zunehmenden Diskussionen um Günther Oettingers Trauerrede sowohl im Hörfunk als auch in verschiedenen Druckmedien. So hatte ich meine eigene Meinung zum unter politischem Druck erfolgten Einknicken des Günther Oettinger; der heutige Beitrag in der JF bestätigte mich.

Ich frage mich wiederholt nach dem Demokratieverständnis verantwortlicher deutscher Politiker. Nach ihrer Geradlinigkeit und ihrem politischen Mut, eigene Ansichten zu verteidigen oder - auch, wenn sie den persönlichen Irrtum erkennen - die Konsequenzen zu ziehen. Ich fühle mich als im Jahre 1929 Geborene berechtigt, solche Fragen zu stellen. Habe alle Tiefen und Höhen unserer noch relativ jungen Zeitgeschichte durchlebt und als 15jähriger Flüchtling aus meiner ostdeutschen Heimat auch durchlitten. Ein Einknicken gab es auf meinem inzwischen langen Lebensweg nie. Ich hoffte auf ein demokratisches Deutschland - und bin nun enttäuscht. Nie aber dachte ich ernsthaft daran, unser Land zu verlassen. Nur Ratten verlassen das sinkende Schiff.

Eine Bemerkung auch zum Zitat der Kanzlerin-Worte: ".. das macht den Kopf frei". Gemeint war, man habe auf seiten der Opfer zu stehen. Das erzeugte einen bitteren Geschmack in mir und erinnerte mich an einen Beitrag von Ingo von Münch, in dem der Autor begründete, daß es keine Opfer erster und dritter Ordnung geben dürfe. Und wie entledigt sich die politische Korrektheit noch heute, gut sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, der Opfer dritter Ordnung, zu denen ich als Ostflüchtling und geschundene 15jährige zähle? Indem sie ihnen den Opferstatus verweigert. So braucht die Kanzlerin auf meiner Seite nicht zu stehen und darf trotzdem einen freien Kopf behalten.

Prof. Dr. Gabi Köpp, Berlin

 

Warum nicht dieser Aspekt?

Vielen Dank für Ihre ausgezeichnete Berichterstattung. Sie war - wie gewohnt - umfassend, kompetent und tiefgründig. Die historische Analyse von Günther Gillessen klärt ja wohl alles. Mir ist allerdings etwas aufgefallen: In einer Anzeige des JF-Buchdienstes wird als "Tip der Woche" das Buch von Hans Filbinger "Die geschmähte Generation" vorgestellt. Im erklärenden Text heißt es: " Filbinger wurde damals das Opfer einer Kampagne, die maßgeblich vom Staatssicherheitsdienst der DDR initiiert wurde."  Warum wird auf diesen Aspekt in der Berichterstattung nicht näher eingegangen?

Rolf Bürgel, Darmstadt

 

Höchstmaß an Sensibilität

Der Wille von Günther Oettinger war vorhanden, auf der Beerdigung von Filbinger versöhnliche Worte zu finden, nur leider wählte er die völlig falschen, die Entschuldigung vom Sonntag zeigte, daß Oettinger wie so viele Politiker in der Geschichtschreibung, gerade was diese unsäglichen zwölf Jahre betrifft, sehr verunsichert sind. Der Umgang mit der NS-Vergangenheit verlangt immer noch ein Höchstmaß an Sensibilität und besonderes Feingefühl, ansonsten ist man als Politiker in diesem Lande "mausetot".

Sven Hauke Ericksen, Tegernsee

 

Nicht schuldig

Seit nunmehr 76 Jahren gehöre ich einem Volk an, dessen Geschichte in dieser Zeit sehr wechselvoll war. Genauso wechselvoll wurde ich anonym und im Kollektiv von Freund und Feind wahrgenommen: als die geachteten, bewunderten, gefürchteten, siegreichen, geschlagenen und geächteten Deutschen.

All dies geschah aber ohne mein Zutun: Ich habe keinen Krieg erklärt, demzufolge im Krieg auch keinen Sieg errungen und keine Schlacht verloren. Ich habe in einer gefährlichen Zeit keinen Menschen denunziert und keinen deportiert. Trotzdem mußte ich mich jahrelang und Nacht für Nacht mit den Frauen und Kindern in die Luftschutzkeller einer westdeutschen Großstadt flüchten, um mich vor den Bomben zu schützen. Und nach dem Ende des Krieges wurde ich dann zum Mittäter ernannt.

Und auch heute trage ich nicht Schuld am Kleinmut und dem Opportunismus unserer Funktionseliten. Das jüngste Beispiel: Ministerpräsident Oettinger hält eine "politisch unkorrekte" Trauerrede. Nach der er zum Zentralrat der Juden reisen mußte. Dieser ist nun bereit, Herrn Oettinger - trotz seines schlimmen Ausrutschers - gnädig zu empfangen, aber keinesfalls, um ihm Absolution zu gewähren. Und ich frage mich irritiert: Wer hat die bei uns tätigen Zentralräte zu einer moralischen Instanz erhoben? Bin ich jetzt auch noch Untertan in einer Räterepublik?

Diese ständig geforderte Demutshaltung widert mich an, weswegen ich es niemals an mich heranlassen werde, wenn jemand meint, mich ins Kollektiv der Mittäterschaft einbeziehen zu können. Wenn man das zu Ende denken würde, wäre ich dann nämlich als Angehöriger der menschlichen Rasse neben Hitler und den Konzentrationslagern auch noch für alle geschändeten deutschen Frauen und Kinder, für Dresden, Hamburg, Nürnberg, Hiroshima, Nagasaki, Vietnam, Irak, Palästina und die Bush-Flüsterer Wolfowitz und Perle sowie für Herrn Bush selbst verantwortlich.

Wilhelm Schirm, Fürth

 

Ein Leben gerettet

1958 lernte ich als junger Assistent an der Universität Bonn einen bereits bejaten Doktoranden kennen, den Pater Bernhard Starischka vom Orden SVD ( Sancti Verbi Divini). Er war ein Kriegsteilnehmer, der zuletzt im nördlichen Norwegen gestanden hatte. Dort war ihm als Ordensgeistliche erlaubt, täglich die Messe zu lesen, jedoch ohne Beteiligung Dritter. Natürlich versuchte so mancher gute Katholik, endlich mal wieder eine Messe zu besuchen, und der Pater drückte die Augen zu. Er tat dies, bis ein Scharfmacher zur Truppe kam und die Sache aufflog und eskalierte: Pater Starischka mußte nun mit dem Schlimmsten rechnen.

Der Marinerichter erschien und ließ ihn kommen. Unter vier Augen sagte er ihm, er müsse alles beichten, sonst könne er ihm nicht helfen. Starischka - nach einem Stoßgebet - tat es. Der Richter forderte Beurteilungen des Delinquenten von dessen früheren Chefs. Einer war in der Zwischenzeit gefallen, sein damaliger Stellvertreter inzwischen an der Ostfront. Das Verfahren zog sich in die Länge, der Krieg ging zu Ende - Pater Starischka kam heil nach Hause. Die Bekanntschaft des klugen und menschlichen Marinerichters machte ich erst viele Jahre später. Er hieß Hans Filbinger.

Prof. Dr. Theodor Schmidt-Kaler, Margetshöchheim

 

 

Zu: "Auch Europa braucht Grenzen" von Andreas Mölzer, JF 17/07

Es wird weiter verhandelt

In der Türkei häufen sich die Fälle, in denen Christen aus Religionshaß ermordet werden. Vor wenigen Tagen wurden drei Türken getötet, weil diese von einem Bibelverlag Prospekte verteilt haben.

In der Türkei herrscht noch keine Religionsfreiheit. Die türkische Regierung, welche die Aufnahme in die EU anstrebt, ist zur Zeit unfähig, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und eine stabile Glaubensfreiheit im ganzen Land einzuführen. Die EU schaut ohne Reaktion auf die Menschenrechtsverletzungen zu und verhandelt weiter über eine Aufnahme des Landes in die Union.

Die Verhandlungen der EU mit der Türkei sind sofort abzubrechen, zumindest bis die Türkei die hinterhältigen Morde an ihren eigenen Landsleuten aufklärt und die Mörder bestraft. Ferner ist die türkische Regierung verpflichtet, in ihrem Land die Religionsfreiheit einzuführen und deren Einhaltung zu überwachen.

Wolfram Braun, Spechbach

 

 

Zu: "Die verwirrende Vielfalt kommt" von Jens Jessen, JF 17/07

Fast ein kleines Häuschen

Ich weiß nicht, aus welchem Grund, aber in einer Info-Broschüre sah sich die Krankenkasse Barmer veranlaßt, ihren Mitgliedern in Brandenburg Angaben zu den Jahresbezügen ihrer Vorstände mitzuteilen. Ein Vorstandsmitglied verdient demnach im Jahr 185.422 Euro plus Dienstwagen zur privaten Nutzung. Dazu gilt die Regel: "Im Falle der Amtsenthebung oder -entbindung" wird bis zur Rente ein "Übergangsgeld" in Höhe von 73 Prozent dieses Einkommens weitergezahlt.

Bei rund 250 Kassen in Deutschland mit jeweiligen Vorständen plus Sekretärinnen, Büros und so weiter kommt da ein hübsches Sümmchen zusammen, das von den Versicherten zu stemmen ist. Aber gut, im Vergleich mit anderen "Vorständen" sind das ja noch "kleine Lichter".

Was mich vor dem Hintergrund vielmehr stört, ist der Satz, den ich regelmäßig bei meiner Ärztin zu hören bekomme: "Ich kann Ihnen da was verschreiben, aber die Kasse zahlt das nicht." Was heißt: die Kasse? Irreführenderweise wird ja auch immer von den "Kostenträgern" im Gesundheitssystem gesprochen. Gemeint sind "die Kassen" und "die Länder" und "die Arbeitgeber" durch ihre "Anteilsleistungen". In Wahrheit gibt es nur einen "Kostenträger" - nämlich den Bürger, der als Zwangsversicherter, als Steuerzahler und als Beschäftigter gleich dreifach abgezockt wird.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und meine Kassenbeiträge der letzten dreißig Arbeitsjahre plus "Arbeitgeberanteil" zusammengerechnet. Sie werden es nicht glauben, aber dabei kommt fast ein kleines Häuschen zusammen. Wenn ich Steuern, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung dazurechne, bin ich gern bereit, den Gesamtbetrag zurückzunehmen und künftig an Staat und Kassen keinerlei Ansprüche mehr zu erheben. Statt dessen muß ich mich als Bittsteller verhalten, um wenigstens einen winzigen Bruchteil an "Leistung" von den selbsternannten "Kostenträgern" erstattet zu bekommen.

Gustav Krögner, Potsdam

 

 

Zu: "Große Koalition der Kritiker" von Hans Christians, JF 16/07

Kampf gegen Linksradikalismus

Jedem Bürger steigt doch die Zornesröte ins Gesicht, wenn er liest wie viel Steuergeld wieder einmal ausgegeben wird, um die linksradikalen Chaoten im Zaume zu halten. Polizeipräsident Werner Jantosch sagte, daß dieser zweiwöchige Einsatz eine Dimension erreichen wird, wie wir sie noch nie hatten. Der Hamburger Polizei steht von Ende Mai an die härteste Belastungsprobe seit der Fußball- Weltmeisterschaft bevor. Zwei Wochen lang gilt für die Beamten eine Art Ausnahmezustand.

Bei der Großdemonstration in St. Pauli werden bis zu 10.000 Demonstranten erwartet. Mehr als 2.000 Beamte werden im Dauereinsatz sein. Darüber hinaus werden auch Globalisierungsgegner aus anderen europäischen Ländern erwartet. Auch diese gehören überwiegend dem linken Spektrum an, und wie man sieht, sind diese hervorragend organisiert.

Aufgrund dieser Fakten muß jeder vernünftige Mensch inzwischen den sogenannten Kampf gegen Rechts als üble Propaganda der linksliberalen Politiker und Medien abtun. Jedenfalls hat es in Deutschland und in Europa Aufmärsche von sogenannten rechtsradikalen Gruppierungen in dieser Größenordnung noch nicht gegeben. Ein Aufruf zum Kampf gegen Linksradikalismus wäre in Anbetracht der Tatsachen sicherlich sinnvoller.

Wilfried Plug, Buchholz

 

 

Zu: "Schäuble setzt neue Maßstäbe" von Fabian Schmidt-Ahmad, JF 16/07

Traumatisiert durch ein Attentat

Die Enddemokratisierung schreitet unter der Galionsfigur Wolfgang Schäuble mit Riesenschritten voran. Mich erfaßt Entsetzen, wenn ich die Geister der Vergangenheit rumoren höre. Daß das lediglich Anlaß zu Diskussionen ist, statt daß ein massiver Proteststurm aller Demokraten losbricht und Herrn Schäuble inklusive seiner Strippenzieher im Hintergrund aus seinem Amt fegt, läßt Furchtbares ahnen. Suggerierte Terrorgefahr, die bei uns nicht verifizierbar ist, wird als Anlaß genommen, selbst unser Grundgesetz zu ändern. Wann kommt das nächste Ermächtigungsgesetz?

Es war ein verheerender Fehler, Herrn Schäuble als Bundesinnenminister zu berufen. Er ist traumatisiert durch ein Attentat, das ihn zum Krüppel machte. Die Psychoanalyse weiß sehr wohl um die lebenslang erforderliche Aufarbeitung solcher Lebenseinschnitte. Es ist daher ungeheuer verantwortungslos, sich nun selbst an einem Volk zu therapieren, um bewußte und unbewußte Ängste abzubauen beziehungsweise in den Griff zu bekommen. Laßt uns das Experiment schleunigst beenden!

Gunther Daumenlang, Moosburg

 

 

Zu: "Helden dürfen endlich wieder Helden sein" von Michael Hofer, JF 16/07

Ehre, Treue und Aufrichtigkeit

Oft frage ich mich, ob Kritiker tatsächlich denselben Film gesehen haben wie ich. Ihr Autor dagegen konnte dieses politisch umstrittene Werk in absolut treffender und zugleich hochamüsanter Art und Weise an den Leser bringen.

Schlimm genug, daß mittlerweile selbst historisch unbestrittene Begebenheiten als politisch unkorrekt gelten. Über die cineastische Darstellung der Verteidigung der Freiheit durch den Okzident erhebt sich Wehklagen, aber über lächerliche Karikaturen entbrennt in der islamischen Welt Gewalt und Haß. Als jetzt im Fast-EU-Land Türkei Mitgliedern eines christlichen Verlages die Kehle durchgeschnitten wurde, ist die weltweite Politikerschar nicht entrüstet.

Bei soviel zum Himmel schreiender Ungerechtigkeit ist ein Film wie "300" dank seiner Machart und der Inhalte wie Ehre, Treue und Aufrichtigkeit eine zweistündige Wohltat.

Stefan Wagner, München


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen