© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Uneinigkeit in Grundsatzfragen
Familienpolitik: Diskussion um Krippenplätze geht in die nächste Runde / Stoiber fordert Unterstützung für Eltern, die zu Hause bleiben
Hans Christians

Der koalitionsinterne Kampf um das Image der familienfreundlichsten Partei wird zunehmend schärfer. Die Kritiker von Familienministerin Ursula von der Leyen schreckt auch nicht mehr die Tatsache, daß die Unionsfrau mittlerweile als eine der beliebtesten Personen im Kabinett gilt. Grundsätzlich stehen zwei unterschiedliche Positionen zur Debatte. Auf der einen Seite ist der konservative Unionsflügel, der die Kindererziehung durch die Mutter mit einer sogenannten "Herdprämie" belohnen will, auf der anderen Seite jungen Unionspolitiker sowie die SPD, die für einen Ausbau der Krippenplätze plädieren. Neuer Zündstoff ist in den vergangenen Tagen über die Finanzierung solcher Krippenplätze entstanden.

Auch innerhalb der Union regt sich Widerstand

Von der Leyen hatte am vergangenen Wochenende angekündigt, für den geplanten Ausbau der Krippenplätze deutlich weniger Bundesmittel zur Verfügung stellen als ursprünglich geplant. Ihr Finanzierungskonzept sehe vor, daß der Bund ausschließlich die Investitionskosten für den Bau der Kitas trägt. Beim sogenannten Krippengipfel Anfang April hatte sich von der Leyen mit Ländern und Kommunen darauf verständigt, die Zahl der Kindergartenplätze für unter Dreijährige bis zum Jahr 2013 auf etwa 750.000 Plätze zu verdreifachen. Koalitionsintern ist dies nicht unumstritten.

Von der Leyen und Finanzminister Steinbrück (SPD) wollen sich am 9. Mai verständigen, wie die bis 2013 geplante Verdreifachung der Betreuungsplätze für unter Dreijährige auf 750.000 Plätze finanziert werden soll. Der Koalitionsausschuß wird sich am 14. Mai damit befassen. Die Konzepte von der Leyens stoßen beim obersten deutschen Finanzhüter nicht unbedingt auf Wohlwollen. Für Steinbrück sind die bisherigen Vorschläge aus dem Familienministerium kein "stimmiges Konzept".

Doch auch innerhalb der Union regt sich Widerstand: Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann sieht ebenso wie NRW-Familienminister Armin Laschet das Vorhaben in Frage gestellt, wenn der Bund sich nicht an den Betriebskosten beteiligt. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) äußerte wie Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) Bedenken, die mitteldeutschen Länder würden dadurch benachteiligt.

Busemann sagte zum Finanzierungsstreit: "Ich will nicht ausschließen, daß daran das Gesamtprojekt scheitert." Den Schwarzen Peter schiebt Busemann jedoch nicht seiner Parteifreundin von der Leyen, sondern Finanzminister Steinbrück zu: "Er verwaltet das Geld." Thüringens Regierungschef Althaus brachte eine Ungleichbehandlung von west- und mitteldeutschen Ländern ins Spiel: "Wenn der Bund finanzielle Unterstützung in Aussicht stellt, müssen alle Länder daran teilhaben. Da die Angebote für Kleinkinder im Osten bereits hervorragend ausgebaut sind, hätten die neuen Länder nichts von einer Anschubfinanzierung des Bundes." Die Frauen-Union in der CDU hat dagegen in einem Positionspapier vorgeschlagen, die in den nächsten Jahren durch sinkende Schülerzahlen und Geburtenrückgang frei werdenden Milliarden für den Ausbau der Krippenplätze zu verwenden.

Unterstützung bekam Familienministerin von der Leyen am Wochenende ausnahmsweise aus der CSU. Es sei ausreichend, wenn der Bund sich auf die Förderung von Investitionen konzentriere, sagte der bayerische Wirtschaftsminister und designierte Stoiber-Nachfolger Erwin Huber. Er sehe auch keine Benachteiligung der mitteldeutschen Länder, wenn der Bund sich nicht an den Betriebskosten beteilige.

Doch auch in den Grundsatzfragen herrscht immer noch Uneinigkeit. Während CSU-Chef Edmund Stoiber ebenso wie mehrere Landespolitiker der Union mehr direkte Zuwendungen an Eltern befürworteten, lehnte Fraktionsvize Ilse Falk (CDU) dies ab und forderte mehr Aufmerksamkeit für Bildung und Betreuung. "Es sollen auch die Eltern bessergestellt werden, die ihre Kinder in den ersten drei Jahren selber betreuen." Der bisherige Sockelbetrag beim Elterngeld soll von monatlich 300 Euro erheblich ausgebaut werden.

Falk sagte hingegen, durch direkte Finanzhilfen für Eltern könne nicht sichergestellt werden, daß das Geld den Kindern zugute komme. Sie plädierte zudem für die Ausgabe von Gutscheinen. Eltern sollten diese auch für Bildungsangebote wie Erziehungs- oder Ernährungskurse ausgeben können. "Wenn der Bund schon Geld bereitstellt, dann sollte es auch in die Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern und nicht nur in Krippenplätze fließen", sagte Falk.


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