© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Zeit der Entscheidung
von Alexander Rahr

Die Annahme, Wladimir Putin wolle mit seiner Kritik am Raketenabwehrschirm allein den berühmten Keil zwischen Europa und die USA treiben, greift zu kurz. Vielmehr geht es um den russischen Führungsanspruch beim Aufbau einer neuen multipolaren Weltordnung nach dem für Putin vorhersehbaren raschen Ende der "Pax Americana". Ein US-geplantes Raketenabwehrsystem, das ausschließlich Nato-Mitgliedsstaaten vereint, würde Rußland wie schon bei der Nato- und EU-Erweiterung von einem neuen exklusiven Sicherheitsclub ausschließen und seine Stellung in Europa schwächen. Außerdem befürchtet Putin, daß dieses Raketenabwehrsystem Vorschub für eine dritte Nato-Osterweiterung, nunmehr auf historisch russisches Gebiet wie die Ostukraine leisten soll. Deshalb auch das russische Moratorium auf den KSE-Vertrag.

Die Bundesregierung muß sich entscheiden zwischen der bedingungslosen Unterstützung der Führungsmacht USA oder der Rettung der gerade erst beginnenden strategischen Partnerschaft mit Rußland. Es gibt noch eine Möglichkeit, die Russen umzustimmen: Russische Rüstungsfirmen müssen zusammen mit amerikanischen und europäischen Konzernen an der technologischen Entwicklung der neuen Waffensysteme beteiligt werden.

 

Alexander Rahr ist Programmdirektor Rußland/Eurasien bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.


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