© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/07 27. April 2007

"Noch besteht kein Konzept"
Marinebund-Präsident Karl Heid nimmt Stellung zu Vorwürfen
Felix Krautkrämer

Herr Heid, dem Deutschen Marinebund (DMB) wird vorgeworfen, das Marine-Ehrenmal in Laboe umgewidmet zu haben. Welcher Toten wird nun mit dem Ehrenmal gedacht?

Heid: Denen der militärischen und der zivilen Seefahrt. Es gab ja in beiden Weltkriegen auch zahlreiche Opfer der Handelsschiffahrt.

Aber es wird auch Opfern von Seefahrtsunglücken wie beispielsweise der "Estonia" gedacht?

Heid: Ja, dies ist möglich und wird auch von Hinterbliebenen genutzt.

Dem DMB wird auch vorgeworfen, das Marine-Ehrenmal seinem Zweck zu entfremden. Wie kam es zu der Entscheidung, die Aufführungsrechte für die Verdi-Oper "Nabucco" an eine Agentur zu verkaufen?

Heid: Wir haben keine Aufführungsrechte verkauft. Die Gemeinde Laboe trat an uns heran mit der Bitte, unser Gelände des Ehrenmals zur Verfügung zu stellen. Das Gelände der Gemeinde Laboe, auf dem die Aufführung ursprünglich stattfinden sollte, ein Strand, war weggeweht.

Hat der Vorstand auch weitere Mitglieder in seine Entscheidungsfindung eingebunden?

Heid: Wir hatten eine erweiterte Vorstandssitzung mit den Leitern der einzelnen Landesverbände. Wir kamen zu der Entscheidung, daß einer solchen Nutzung des Geländes nichts im Wege stände. Wir wollen auch in Zukunft Konzerte dort veranstalten, zum Beispiel zusammen mit der Bundeswehr. Wichtig für uns ist, daß die Konzerte der Würde des Ortes entsprechen. Dennoch steht das Totengedenken weiterhin für uns im Vordergrund.

Wieviel Geld erhielt der DMB für die Bereitstellung des Geländes, und wofür wird das Geld verwendet?

Heid: Wir bekommen für die Bereitstellung des Geländes kein Geld. Wir erhalten lediglich einen prozentualen Anteil aus dem von uns getätigten Kartenverkauf. Das Geld wird für die Instandhaltungskosten des Marine-Ehrenmals verwendet. Wir haben gerade erst im letzten Jahr das Dach der historischen Halle für 157.000 Euro erneuern lassen.

Wie kam es, daß der langjährige beratende Historiker Dieter Hartwig seine Tätigkeit beim DMB beendete?

Heid: Herr Hartwig hatte die Absicht, die alleinige Verantwortung über das Marine-Ehrenmal zu übernehmen, dieses konnte das Präsidium nicht zulassen. Außerdem waren seine finanziellen Vorstellungen für den Umbau der historischen Halle durch den DMB nicht finanzierbar. Hartwig schied deshalb als beratender Historiker auf eigenen Wunsch aus.

Wie steht der Vorstand zum Ausstellungskonzept des neuen historischen Beraters Jann Markus Witt?

Heid: Insgesamt müssen wir in unsere Ausstellung in der historischen Halle mehr Geschichte bzw. historische Zusammenhänge einbringen. Bis jetzt war die Ausstellung sehr auf die Kaiserliche bzw. Kriegsmarine ausgerichtet. Wir wollten aber auch die Geschichte der anderen deutschen Marinen nach 1945 einbringen. Hartwig hat die deutschen Marinen nach dem Zweiten Weltkrieg wie das deutsche Minenräumkommando unter britischem und amerikanischem Kommando, die Bundesmarine und die Volksmarine geschichtlich dargestellt. Die Ausstellung der aktiven Deutschen Marine nach 1994 wird zur Zeit vom Flottenkommando erstellt.

Herr Witt sprach sich aber auch dafür aus, die jetzige Ausstellung zu verändern. Künftig sollen vor allem die Ursachen der Weltkriege und die deutsche Schuld an ihnen dargestellt werden. Auch könnte sich Witt ein Eingehen auf die "verbrecherische" Rolle der Kaiserlichen Marine am Boxeraufstand, vorstellen. Wie steht der Vorstand zu Witts Konzept?

Heid: Derzeit besteht noch kein Konzept. Die von Ihnen aufgeführten geschichtlichen Ereignisse wurden in einer offenen Diskussion erwähnt. Witt nahm diese Punkte auf. Der Vorstand hat über weitere Veränderungen noch nicht diskutiert und somit auch keinen Grund, Entscheidungen herbeizuführen. Allerdings finde ich es durchaus angebracht, auch darauf hinzuweisen, wie es zu den beiden schrecklichen Weltkriegen kam. Das Marine-Ehrenmal ist zugleich ein Mahnmal. Allerdings soll in der Ausstellung auch weiterhin auf positive Aspekte der deutschen Marinegeschichte hingewiesen werden. Der Ausstellungsteil über die "Bismarck" und andere historische Schiffsmodelle bleibt zum Beispiel erhalten. Das ist Bestandteil unserer Tradition. Aber schon aus finanziellen Gründen wird es in der nahen Zukunft keine Änderungen in der Historischen Halle geben.

 

Karl Heid ist Präsident des Deutschen Marinebundes, www.deutscher-marinebund.de, Tel. 0 44 21 / 18 06 00

 

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